15. August 2023

Rheinische Post - Alternative für Worringer Platz gefordert

Für Menschen, deren Lebensmittelpunkt auf der Straße ist, benötigt es in einer Großstadt wie Düsseldorf Platz im öffentlichen Raum. Dieser werde aktuell aber immer weniger, sind sich verschiedene Akteure der Drogen- und Obdachlosenhilfe einig. Am Immermannhof wurden Sitzgelegenheiten abgebaut. Der Worringer Platz ist seit gut zwei Jahren in der Diskussion: Dort wurde das Außengelände einer Pizzeria durch einen Zaun gesichert, wodurch auch öffentliche Sitzplätze wegfallen. „Hinzu kommen verstärkte Kontrollen durch den Ordnungs- und Servicedienst (OSD) der Stadt Düsseldorf“, hält Oliver Ongaro, Streetworker beim Straßenmagazin FiftyFifty, fest.

„Seit zwei Jahren ist trotz runder Tische von Seiten der Politik keine Lösung für dieses Problem aufgezeigt worden“, so Ongaro weiter. Aus diesem Grund haben FiftyFifty, Streetworker von Axept, die Düsseldorfer Drogenhilfe, die Altstadt Armenküche und mehrere Betroffene zu einem Ortstermin eingeladen.

Allerdings nicht am Worringer Platz, sondern an der Kölner Straße, direkt an der U-Bahn-Station Moskauer Straße hinter dem Gesundheitsamt. Dort gibt es eine betonierte Brachfläche. „Dieser Platz könnte eine Alternative für Obdachlose und Suchtkranke sein, die für alle Beteiligten Verbesserungen mit sich brächte“, meint Michael Harbaum, Geschäftsführer der Drogenhilfe. In den letzten Jahren habe man mehrere Plätze identifiziert, die als Ausweichmöglichkeit in Frage kommen könnten, etwa im nahe gelegenen WGZ-Park oder auf einem Platz nahe der Ellerstraße und des Parkhauses hinter dem Hauptbahnhof, der allerdings der Bahn gehöre. „Mit denen zu verhandeln, ist immer schwierig“, sagt Harbaum.

Aber damit es überhaupt gelingen kann, die Betroffenen zu neuen Plätzen zu ziehen, bedarf es auch einiger baulicher Veränderungen – allerdings im positiven Sinne. Am Worringer Platz gab es bereits vor einiger Zeit eine Befragung von Obdachlosen und Suchtkranken durch die Drogenhilfe dazu, was es vor Ort benötige. Heraus kamen unter anderem Sitzmöglichkeiten, Überdachungen, ein nahegelegenes Büdchen und regelmäßig gereinigte Toiletten. „Es ist für die Akzeptanz wichtig, dass die Menschen mit eingebunden werden“, so Harbaum.

Daher sind bei dem Ortstermin auch Betroffene dabei, die zu Wort kommen. Viele fühlen sich durch die Stadt hin- und hergeschoben, von einem Platz zum nächsten. „Wo sollen wir denn noch hin?“, fragt Erich. Vor allem die ständigen Repressalien durch den OSD machen den Aufenthalt etwa am Worringer Platz immer schwieriger. „Wenn man da ein Bußgeld von 50 Euro bekommt, dann kann das doch eh keiner bezahlen“, meint er. Er und andere empfinden das als reine Schikane, wie auch die immer wieder erteilten Platzverweise. „Wir brauchen diese Plätze – zum Austausch, um rauszukommen aus Notunterkünften“, sagt Guiseppe. Chris bezweifelt allerdings, dass der alternative Platz an der Kölner Straße genehmigt werde. „Ein neuer Ort wäre schön, aber ich glaube nicht, dass das funktionieren wird.“

Tatsächlich stehen die Zeichen nicht gut: Auf der Brachfläche soll ein Gesundheitscampus entstehen, der das bestehende Gesundheitsamt ergänzen soll. Die Bauarbeiten sollen aber erst in einigen Jahren starten. „Bis dahin könnte man diese Fläche zumindest übergangsweise nutzen“, meint Marko Siegesmund (SPD), stellvertretender Bezirksbürgermeister (Bezirk 3). Es brauche dringend Lösungen und es müsse mehrere Plätze geben, um für Entspannung zu sorgen. Vor allem brauche es aber für die Streetworker gute Arbeitsbedingungen. „Dass die schwarz-grüne Kooperation immer noch an einer Vertreibungspolitik festhält, ist für mich unverständlich.“

Vertreibung sei nicht wirksam, das betonen auch die anwesenden Akteure der Drogen- und Obdachlosenhilfe. „Dadurch, dass es immer mehr Betroffene gibt, kommt es auch vermehrt zu Konflikten. Das ist weder für Betroffene noch für die Anwohner oder umliegenden Geschäfte eine gute Situation“, erklärt der Vorstand der Altstadt-Armenküche, Thomas Wagner. Die erschwerte Arbeit merkt auch Betti Tielker von Care24: „Wir bieten medizinische Hilfe an – und werden dafür von der Stadt bezahlt. Gleichzeitig scheint aber der immense Einsatz des OSD darauf abzuzielen, die Betroffenen zu vertreiben. Für mich ist das unverständlich.“

Im Ordnungs- und Verkehrsausschuss (OVA) am Mittwoch steht das Thema auf der Tagesordnung, als Anfrage der Grünen. Darin wird gefragt, welche „ordnungspolitischen Maßnahmen hinter der Präsenz des OSD-Wagens auf dem Worringer Platz“ stehen. Dieser stehe bereits seit dem 1. Juni dauerhaft auf dem Platz und behindere die Arbeit der Streetworker. Außerdem verdränge er die Menschen mit Lebensmittelpunkt auf der Straße. Daher wird in der Anfrage auch nach möglichen örtlichen Alternativen gefragt. „Wir haben diese Situation auf dem Schirm und sind gespannt auf die Antwort der Verwaltung“, sagt Norbert Czerwinski (Grüne, OVA-Vorsitz). Eine Anfrage der Redaktion an die Stadt blieb bislang unbeantwortet.

Quelle: https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-organisationen-fordern-neuen-platz-fuer-obdachlose-und-suchtkranke_aid-95667605