Westdeutsche Zeitung | 27. April 2021

Mordprozess vor dem Landgericht startet

Seniorin hatte der
Angeklagten Geld geliehen

Die Mitarbeiterin eines Pflegedienstes fand die Schwerverletzte gegen 7.20 Uhr am nächsten Tag blutüberströmt in ihrem Wohnzimmer, neben ihr die abgebrochene Klinge eines Teppichmessers. Mit letzter Kraft nannte sie den Namen der Bekannten, die am Vorabend versucht habe, sie umzubringen. Dabei handelte es sich um eine vielfach vorbestrafte drogenabhängige Verkäuferin eines Obdachlosen-Magazins, mit der sich die alte Dame Monate zuvor angefreundet hatte. Aus Mitleid hatte die Seniorin der Bedürftigen mehrfach mit Bargeld ausgeholfen. Zuletzt beliefen sich die Schulden der Tatverdächtigen laut Ermittlungen auf mehr als 3200 Euro. Die 58-Jährige habe stets versichert, das Geld demnächst aus einer erwarteten Erbschaft zurückzahlen. Als das nicht geschah, soll die Familie der Geldgeberin auf eine Ratenzahlung gedrängt haben. Statt das anzunehmen, besuchte die 58-Jährige ihre Geldgeberin am Tatabend gegen 23 Uhr – und kündigte bereits im Treppenhaus an, sie zu töten, heißt es in der Anklage.

Als die 74-Jährige am nächsten Morgen gefunden wurde, hatte sie acht Stunden mit teils lebensgefährlichen Verletzungen hilflos in ihrer Wohnung gelegen. Sie hatte Schnittwunden an Kopf und Hals sowie an Händen, Schädeldach, Unterkiefer und weitere Gesichtsknochen waren gebrochen. Aufgrund ihres Hinweises nahmen die Ermittler die Verdächtige wenig später fest. In ihrer Wohnung fand man blutgetränkte Kleidung und das Handy der 74-Jährigen. Die Angeklagte beteuert aber, nichts mit dem Mordversuch zu tun zu haben. Das Landgericht hat für die Klärung fünf Verhandlungstage angesetzt.