Nachtbus versorgt immer mehr Obdachlose
Die Mitarbeiter des
Gutenachtbus geben
Menschen ohne
Wohnung warme
Getränke, Decke und haben ein offenes Ohr, sagt Kasprzyk. Also haben sich
die Sozialarbeiter bei der
Stadt für eine durchgehende
Öffnung im Winter starkge-
macht. In diesem Jahr schon
stehen die Betten jeden Tag
von November bis März zur
Verfügung.
Vor sechs Jahren war der
Bus nur an zwei Tagen die Wo-
che im Einsatz. Mittlerweile
sind es vier – von Montag bis
Donnerstag. Zuerst steht der
Wagen ab 22 Uhr am Kay-und-
Lore-Lorentz-Platz, zwischen
Kom(m)ödchen und Andreas-
kirche, dann macht sich das
Team gegen 23 Uhr auf den
Weg zum Bahnhof, wo er an
der Ecke Karlstraße/Fried-
rich-Ebert-Straße bereit steht.
raum ist ein Schrank mit aller-
lei rundum Kaffee und Tee so-
wie Hygieneartikel. „Wenn
wir fahren, sind die Sitze mit
Essen voll beladen“, sagt
Kasprzyk. Da gibt es Brötchen,
Salat und auch warme Spei-
sen. Die kochen an zwei Tagen
private Helfer, an den anderen
beiden Tagen werden sie von
der Brauerei Schumacher und
vom Schweinske in der Alt-
stadt zur Verfügung gestellt.
Unter dem Beifahrersitz ver-
steckt ist dann noch eine gro-
ße Ladung Hundefutter.
Aber auch Infomaterial ha-
ben die Helfer immer dabei –
zum Beispiel zu den Not-
schlafstätten. Manchmal
reicht aber auch einfach ein
offenes Ohr. „Man kommt na-
türlich auch mit den Leuten
ins Gespräch – über Nöte und
Sorgen, aber auch über Alltäg-
liches“, sagt die Sozialarbeite-
rin. Dieser persönliche Kon-
takt sei wichtig.
Denn so können sich die
Mitarbeiter auch für die Be-
troffenen einsetzen – und eine
Besserung ihrer Lage errei-
chen. Im vergangenen Jahr
zum Beispiel war eine Winter-
notschlafstelle, in der auch
Hunde und Paare zugelassen
sind, nur temperaturabhängig
geöffnet worden – ob sie in ei-
ner Nacht Menschen auf-
nimmt, wurde im Laufe des
Tages bekannt gegeben. Das
sei nicht besonders praktika-
bel gewesen. „Es war einfach
schwierig, die Menschen so
kurzfristig zu informieren“,
Von Carolin Scholz
Die Nächte im Winter sind
lang und kalt. Das spürt jeder,
wenn es noch beim Aufstehen
und beim Heimweg nach der
Arbeit schon wieder dunkel
ist. Besonders spüren das aber
die Menschen, die nicht ein-
fach nach Hause gehen, eine
warme Tasse Tee trinken und
es sich mit einer Decke auf der
Couch gemütlich machen
können. Für Menschen ohne
Wohnung sind diese kalten
Nächte besonders schwer –
und auch gefährlich. Für sie ist
der Gutenachtbus im Einsatz.
Nicht nur im Winter, sondern
das ganze Jahr über versorgt
das Team sie mit warmer Klei-
dung, Essen und Getränken –
und einem offenen Ohr.
Alles begann genau vor
sechs Jahren. Schon Mitte
2011 hatten Bruder Peter
Amendt vom Verein „Vision:
Teilen“ und Hubert Ostendorf
vom Obdachlosenmagazin Fif-
ty-fifty die Idee, auch nachts
mit einem Bus für Menschen
ohne Wohnung ansprechbar
zu sein und so eine Lücke im
Hilfssystem zu stopfen. Beide
Organisationen sind auch
heute noch Träger des Projek-
tes. Am 6. Dezember 2011
stand der Bus dann das erste
Mal vor dem Kom(m)ödchen
in der Altstadt.
Thema des Tages
Gutenachtbus
„Da waren vielleicht vier oder
fünf Leute da“, sagt Julia
Kasprzyk. Die 26-jährige Sozi-
alarbeiterin war von Anfang
an beim Projekt dabei und hat
daher die ganze Entwicklung
mitbekommen. Mittlerweile
sind es 80 bis 100 Personen,
die das Angebot jede Nacht
nutzen. Auch das Angebot
selbst hat sich in den letzten
sechs Jahren verändert. Die
ursprüngliche Idee war es, ei-
nen Bus zur Verfügung zu
stellen, in dem sich die Leute
aufwärmen können. Dass das
rein technisch nicht möglich
ist, habe sich bald herausge-
stellt – der Wagen ist zu klein
für viele Personen.
Stattdessen finden Woh-
nungslose hier Essen, Klei-
dung und Schlafutensilien.
Der Bus ist eine echte Schatz-
kiste. Öffnet man die hintere
Türe, findet man Kisten und
ein Regal mit Pullovern, So-
cken und anderer Kleidung –
sorgfältig sortiert, zudem
Schlafsäcke. Im großen Innen-
Julia Kasprzyk leitet das Team des Gutenachtbusses. Sie hat das Projekt von Anfang an begleitet und sieht: Der Bus wird gut ang
enommen.
Foto: Melanie Zanin
tet.“ Komme man ihnen zu
nahe, könnten sie erschre-
cken. Spricht man sie an und
sie wollen keine Hilfe, fühlen
sich alleine wohler, müsse
man das dann aber auch ak-
zeptieren.
Wenn man sich selbst nicht
traut, einen Obdachlosen an-
zusprechen, könne man im-
mer auch auf der mobilen Te-
lefonnummer des Gutenacht-
bus-Teams anrufen (
siehe Kas-
ten
). Die Mitarbeiter könnten
oft dafür sorgen, dass jemand
nach so einer Person sehe und
im Zweifelsfall eingreife.
den Rettungsdienst rufen“,
sagt sie dazu. Viele wüssten
nicht, dass dem Obdachlosen
dadurch keine Kosten entste-
hen. „Ein ernst gemeinter An-
ruf schadet niemandem“, sagt
sie.
Habe man dagegen nur das
Gefühl, jemand ist vielleicht
schlecht ausgestattet und
könnte daher die Nacht nicht
überstehen, empfiehlt sie, die
Person anzusprechen, dabei
allerdings einen gewissen Ab-
stand zu halten. „Die Men-
schen sind manchmal auf eine
Gefahrensituation vorberei-
So kann man Obdachlosen helfen
Ob durch Spenden oder im Notfall auf der Straße – ein paar Tipps.
Von Carolin Scholz
Beim Gutenachtbus ist Hilfe
immer willkommen. Auch,
weil das Angebot komplett
durch Spenden finanziert ist.
Wer etwas abzugeben hat,
sollte allerdings vorher bei
der Organisation anrufen
(
Kontakt siehe Kasten
). Denn
was gebraucht wird, unter-
scheidet sich oft von Woche
zu Woche. „So können wir
Enttäuschung auf beiden Sei-
ten vermeiden“, sagt Julia
Kasprzyk. Denn zu viele Sach-
spenden, die nicht gebraucht
werden, nutzen keinem.
Ähnlich sei es auch bei eh-
renamtlicher Hilfe. Die Mitar-
beiter wissen am Besten, wo
Unterstützung gebraucht
wird, und können dann ver-
mitteln. „Das ist vielleicht
nicht immer direkt am Bus.
Helfende Hände werden aber
immer gebraucht.“
Im Notfall: Rettungsdienst
oder Nachtbus anrufen
Immer wieder werde die Sozi-
alarbeiterin gefragt, was man
tun solle, wenn man – gerade
im Winter – einen Obdachlo-
sen beobachte, der regungslos
auf dem Gehweg liegt. „Wenn
man den Eindruck hat, dass es
sich um einen medizinischen
Notfall handelt: Auf jeden Fall
Gerade im Winter kann es nachts auf der Straße gefährlich werden. Erst im
vergangenen Jahr erfror eine Obdachlose in Düsseldorf.
Symbolfoto: dpa
KONTAKTE
NOTFALL
Im Notfall sind Julia
Kasprzyk und ihr Team erreich-
bar. Montags bis donnerstags 13
bis 15 und 21 bis 1 Uhr unter der
Telefonnummer 01578-3505152.
SPENDEN
Wer helfen möchte
sollte vorher das Team des Gute-
nachtbusses kontaktieren. Die
Mitarbeiter wissen am besten,
wo Hilfe gebraucht ist und wo
Bedarf an Dingen besteht. Das
Team ist erreichbar unter der
Telefonnummer 6683373 oder
per E-Mail unter info@vision-tei-
len.org.
WEITERE INFOS
Mehr Informatio-
nen finden sich auf der Internet-
seite des Gutenachtbusses unter
E
gutenachtbus.org
Anzeige
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MITTWOCH, 6. DEZEMBER 2017
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Düsseldorfer Nachrichten
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