Heimat ist nicht an Orte gebunden
Stadtmitte. Katharina Mayer empfängt in einem mobilen Foto-, Film- und Tonstudio Menschen aller Nationalitäten und will etwas über ihr Heimatverständnis erfahren - gestern an der Hohenzollernstraße, am Wochenende am Grabbeplatz. Von Marc Ingel
Katharina Mayer ist neugierig - und sehr kommunikativ. Beides kommt ihr zugute bei einem Projekt, mit dem die Fotografin gestern vor der Galerie Lausberg an der Hohenzollernstraße startete und das sie heute und morgen auf dem Plateau am Grabbeplatz in der Innenstadt fortsetzt. In einem umgebauten Bauwagen empfängt sie Menschen aller Nationalitäten, gerne Flüchtlinge, fragt diese, zu ihrer Definition von Heimat, fotografiert die Besucher, die spontan oder gezielt vorbeikommen, macht Ton- und Filmaufnahmen, wenn es ihr erlaubt wird. "Fliegende Heimat" hat Mayer ihr Projekt getauft.
Die Professorin an der Hochschule für Gestaltung in Iserlohn hat gleich mehrere Partner für ihre Idee gewinnen können: den Düsseldorfer Verlag Onomato zum Beispiel, Fiftyfifty und nicht zuletzt die Caritas. Das Ergebnis des Projekts soll noch in diesem Jahr im Rahmen einer Ausstellung in der Galerie Lausberg vorgestellt werden.
Was am Ende dabei herauskommt, kann Katharina Mayer natürlich noch nicht vorhersagen, eine Vorahnung hat sie aber schon. Denn bereits im Verlauf der Woche hatte sie, quasi als Testdurchlauf, einige Heimatgeschichten im Künstlerverein Onomato gesammelt. "Ein 18-jähriger Syrer erzählte mir, Heimat sei für ihn Familie. Sein Land habe er verloren, in Deutschland wolle er Mathematiklehrer werden, eine Rückkehr nach Syrien schließe er aber nicht aus", rekapituliert Mayer das Gespräch. Auch Ordensschwester Regina Massqwe aus Tansania, die in einem Seniorenheim in Düsseldorf arbeitet, machte mit. Für sie genieße die Familie ebenfalls Priorität, auch wenn das Verständnis, was darunter zu verstehen sei, im Vergleich zu ihrer geografischen Heimat ein anderes sei: "In Tansania leben wir mit unseren Eltern, bis es Zeit ist, zu sterben." Für den Komponisten Boris Polonski wiederum heißt Heimat "lebende Wesen, die mich lieben, und die ich liebe".