fiftyfifty online lesen +++ fiftyfifty online lesen +++ fiftyfifty online lesen +++ fiftyfifty online lesen +++ fiftyfifty online lesen +++ fiftyfifty online lesen +++ fiftyfifty online lesen +++
 

Das aktuelle Heft online lesen?

Code hier eingeben

Du hast keinen Code? Den Code kannst du auf der Straße bei fiftyfifty-Verkäufer*innen für 2,80 Euro auf einer Rubbelkarte kaufen und dann bis zum Ende des Monats so oft du willst die fiftyfifty online lesen. Den Code erhältst du inklusive eines Loses, mit dem du tolle Preise gewinnen kannst. Das Los haben wir sinnigerweise Obdach LOS genannt.

Express | 22. September 2014

Hubert Ostendorf: „Wir haben die Krise überwunden“

DÜSSELDORF –

Hubert Ostendorf (53) setzt sich mit seinem Verein „fiftyfifty“ seit fast 20 Jahren für Obdachlose in der Stadt ein. Vor etwa einem halben Jahr erschütterte der Finanzskandal rund um die Partner „Ordensgemeinschaft der Armen Brüder“ den Verein in den Grundfesten.

Ein hoher Millionenbetrag war verspekuliert worden. Bei vielen Bürgern herrschte Misstrauen. Mit dem EXPRESS sprach er über die schwierige Zeit nach dem Skandal, zukünftige Projekte, den Wandel der Obdachlosigkeit und darüber, was der neue OB Thomas Geisel besser machen kann als sein Vorgänger.

Wie schwer hat sie der Finanzskandal getroffen?

Die ersten Folgen waren katastrophal. Ich konnte nachts nicht mehr schlafen. Alles stand auf null. Ich sah mich vor den Trümmern von 20 Jahren harter Arbeit. Die Leute haben kein Magazin mehr gekauft, die Künstler haben sich abgewendet und die Spenden blieben aus.

Vermutlich litten auch die Straßenverkäufer darunter …

Klar, die Leute drückten unseren Verkäufern ein paar Münzen in die Hand und sagten: „Aber nicht verzocken.“ Dabei sind sie diejenigen, die am wenigsten dafür konnten.

Haben sie zu dieser Zeit darüber nachgedacht, aufzugeben?

Nein, natürlich nicht. Wir haben uns sofort mit dem ganzen Team getroffen, was die fiftyfifty-Familie dann extrem gestärkt hat.

Wie haben sie versucht, das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen?

Durch Öffentlichkeit. Ich habe jeden Brief, der mir geschrieben wurde, per Hand beantwortet. Zudem haben wir einen neuen Beirat gegründet, haben uns neu aufgestellt. Diese Veränderungen haben wir kommuniziert, und das ist uns in der Bevölkerung zum Glück auch abgenommen worden. Das Vertrauen ist zurückgewonnen, wenn auch nicht vollständig.

Das heißt, „fiftyfifty“ geht es wieder gut?

Ja, die Krise ist überwunden. Wir sehen hoffnungsvoll in die Zukunft. Wir haben tolle neue Projekte, auch wenn sich die Finanzierung schwierig gestaltet. Wir stehen jedenfalls nicht mehr vor der Situation, dass die Existenz von „fiftyfifty“ auf dem Spiel steht.

Welche Projekte sind denn geplant?

In der Frauen-Notaufnahmestation „Ariadne“ hinter dem Hauptbahnhof sind allein letztes Jahr 54 Frauen mit ihren Kindern aufgenommen worden – so viele wie noch nie. Diakoniepfarrer Thorsten Nolting und ich sind allerdings der Meinung, dass dies kein richtiges Umfeld für Kinder ist. Man braucht für Kinder eigene Räume, wie ein Spielzimmer. Deshalb planen wir zusammen mit der Diakonie, eine Wohnung einzurichten, in der wir vier, fünf Frauen mit ihren Kindern unterbringen können. Aufgrund des überhitzen Immobilienmarkts in der Stadt, wird es allerdings teurer als geplant.

Hat sich die Obdachlosigkeit gewandelt?

Definitiv. Früher war der typische Obdachlose ein bärtiger Mann im mittleren Alter mit Bierflasche. Heute kommen Obdachlose aus allen Schichten. Außerdem sind es viele Frauen, Kinder oder Menschen mit Migrationshintergrund.

Wird Obdachlosen in Düsseldorf noch zu wenig geholfen?

Ja und nein. In der Gesellschaft wird die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer. In Düsseldorf ist die Hilfsbereitschaft allerdings sehr groß, was wir gerade nach der Krise erleben durften. Das Klischee, dass in Düsseldorf nur hochnäsige Menschen wohnen, ist absolut falsch. Wir sind von allen Straßenmagazinen mit das erfolgreichste. Das ist Beweis genug für die Hilfsbereitschaft der Düsseldorfer.

Was wünschen sie sich vom neuen Oberbürgermeister Thomas Geisel?

Wir haben natürlich auch einen politischen Ansatz. Wir wollen immer, dass auch die Rahmenbedingungen verändert werden. Dirk Elbers ist in seiner Amtsperiode nie bei uns gewesen. Die Zeichen unter Thomas Geisel stehen gut. Auf kommunaler Ebene gibt es drei Punkte, wo dringend was passieren muss: Zum einen brauchen wir dringend neuen bezahlbaren Wohnraum. Zweitens sind in den letzten Jahren systematisch Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte abgebaut worden, was wir stark kritisiert haben. Eine Situation wie in Duisburg, wo die Menschen in Zelten unterkommen, ist doch keine Lösung. Da hat die Politik lange die Augen vor Veränderungen geschlossen. Und drittens muss in der Drogenpolitik was geschehen, wenngleich sich hier schon ein bisschen was getan hat. Aber langfristig muss die Entkriminalisierung von Drogenabhängigen stattfinden. Auch das ist ein Beitrag zum sozialen Frieden. Thomas Geisel hat also genug zu tun.