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Rheinische Post | 29. Juni 2013

Klapperverbot für Fifty-Fifty-Verkäufer

Krefeld (RP). Seit 15 Jahren verkauft Wolfgang O. in der Krefelder City die Obdachlosenzeitung Fifty Fifty. Die Stadt hat ihm das Klappern mit der Dose verboten. Der 64-Jährige klagt: "Seitdem ich nicht mehr klappere, will niemand mehr die Zeitung."

Fast jeder Krefelder kennt diesen Mann: Wolfgang O.* steht seit Jahren schon nahezu jeden Werktag auf der prominentesten Einkaufsstraße der Krefelder Innenstadt und verkauft die Obdachlosenzeitung Fifty Fifty. Der 64-Jährige ist sauber gekleidet, man sieht ihn nicht mit Bierdose, er spricht nicht aufdringlich. Nur durch das Klappern einer Kunststoffdose macht er bisweilen auf sich und seine Zeitung aufmerksam. Genau dieses Klappern will die Krefelder Stadtverwaltung ihm jetzt verbieten. Ein Mitarbeiter des Tiefbauamtes hat Wolfgang O. auf der Hochstraße gebeten, die Geräusche zu unterlassen.

Seit Ende April klappert Wolfgang O. nicht mehr, und fürchtet jetzt um seine Existenzgrundlage. "Bevor mir das Klappern verboten wurde, lag mein schlechtester Tag bei einer verkauften Zeitung", sagt O.. Seitdem er nicht mehr klappern darf, habe er an mittlerweile vier Tagen schon keinen einzigen Cent mehr eingenommen. "Ich muss also auf mich aufmerksam machen, um Einnahmen zu haben", sagt der 64-Jährige. Er hat bereits eine Unterschriftenliste an die Geschäfte verteilt, die an seinen Standort angrenzen. "Sollten Sie sich durch meine Anwesenheit und durch mein Klappern nicht gestört fühlen, bitte ich Sie, das mit Stempel und Unterschrift zu bestätigen." Fünf Stempel finden sich auf dieser Liste: Von Kult, Schuhhaus Grüterich, Douglas, SWK und Bonita.

In einer Anfrage unserer Zeitung teilte die Stadtverwaltung mit, dass es aus der Anliegerschaft rund um die betroffene Stelle regelmäßige Beschwerden über Straßenmusik gebe. Die städtischen Fachbereiche Tiefbau und Ordnung würden regelmäßig kontrollieren, ob sich die Straßenmusiker und Bettler in der Stadt regelkonform verhalten. Dabei sei auch Wolfgang O. aufgefallen.

Eine Krefelderin, die regelmäßig O.'s Zeitung kauft, schrieb auch Ordnungsdezernentin Beate Zielke an, um auf das Schicksal des Mannes mit der Klapperdose aufmerksam zu machen. Zielke schrieb zurück, dass Wolfgang O. "um Unterlassung der Geräusche gebeten und darauf hingewiesen wurde, dass der Verkauf der Zeitung eine Sondernutzung darstelle, die aufgrund der besonderen Umstände auch ohne Genehmigung geduldet wird". Dieser Kompromiss beruhe jedoch auf gegenseitiger Rücksichtnahme, die durch das laute Klappern nicht gewährleistet ist. Sie habe für die persönliche Situation des Verkäufers "großes Mitgefühl", schreibt Beate Zielke. Es gebe jedoch gewisse Regeln, die es einzuhalten gelte.

Der Verein Asphalt in Düsseldorf, der das Magazin Fifty Fifty betreut, stärkt O. den Rücken: "Wir geben unseren Verkäufern vor, dass sie nicht betteln sollen. Ob das Klappern mit einer Dose Betteln ist, das ist Auslegungssache." Über O. weiß man dort nur Gutes zu berichten: "Er ist seit Jahren bei uns, es gab nie auch nur eine einzige Beschwerde." Das Straßenmagazin wird von Bedürftigen für 1,80 Euro verkauft, 90 Cent davon dürfen sie behalten.

Wolfgang O. lebt in Düsseldorf, stammt gebürtig aus Hof in Bayern und hat eine lange Berufsbiografie: Er lernte Schaufenstergestalter, wurde examinierter Krankenpfleger, startete ein nie beendetes BWL-Studium, landete in der Reisebranche mit einem eigenen Reisebüro und sei dann von einem Reiseunternehmer über den Tisch gezogen worden. Hinzu sei eine "teure Scheidung" gekommen. "Und dann landet man da, wo ich jetzt bin: in Krefeld, als Straßenverkäufer." Dort will O. bleiben. "Hier habe ich meine Stammkunden." Er habe Kontakt zu vielen Krefeldern, mache sprächen ihn an, einige hätten sogar eine Akupunktur und eine Brille für ihn finanziert. Auch nach seinem Schlaganfall 2012 hätten ihm viele geholfen. Das ist der Grund, warum er jeden Tag mit der Bahn von Düsseldorf nach Krefeld kommt.

Das Verkaufen der Straßenzeitung sei für ihn der Lebensunterhalt, sagt Wolfgang O."Ich betrachte meinen Fifty-Fifty-Verkauf als normale Arbeit. Und diese Arbeit will ich weiter ausüben."

* Seinen richtigen Nachnamen will Wolfgang O. nicht nennen, da er ein Enkelkind in Bayern hat, das nicht wissen soll, was der Opa macht.