Franziskaner sperrt die Armen aus
Tief enttäuscht berichtet Hubert Ostendorf, einer der Motoren der Obdachlosenhilfe Fiftyfifty, vom Rauswurf der rund 150 wohnungslosen Zeitungsverkäufer aus dem Kloster der Franziskaner an der Ost-, Ecke Immermannstraße. Am Dienstagnachmittag machte die Klosterleitung „das Metalltor dicht, auch die Toiletten, und sie haben sogar die Polizei gerufen“, schildert er. Die Zeitungsverkäufer haben sich seit 15 Jahren einmal pro Monat im Hof des Klosters getroffen, um die neuen Ausgaben der Zeitungen zu erhalten und Neuigkeiten zum Verkauf zu erfahren. Jetzt sind die Wohnungslosen auch mit ihrem Zeitungstreff heimatlos.
Im Februar, berichtet Ostendorf, bekam Fiftyfifty die Kündigung. Die Klosterleitung begründete das mit „strukturellen Änderungen“. Da die Verkäufer der beliebten Obdachlosenzeitung nur bei diesem Treff zusammen kommen und während des Monats schwer erreichbar sind, konnte sie Ostendorf nicht informieren. Also trafen sich alle noch einmal am Kloster. Und mussten draußen bleiben. Die Franziskaner, ist Ostendorf noch immer geschockt, „haben sogar die Toiletten für die Obdachlosen gesperrt.“
Der Armenorden wird, wie berichtet, das Kloster verkaufen und an einen neuen Standort ziehen. Das stehe zwar bevor, aber es sei kein Grund für die Kündigung, meint Ostendorf.
Die Obdachlosenzeitung und die Armenspeisung an der Immermannstraße, „das ist mein Kind, ich habe beispielsweise für die Armenspeisung sehr viele Lebensmittel besorgt, kürzlich eine Spende von Zamek.“ Er führt den Rauswurf auf ein Zerwürfnis mit der Klosterleitung zurück. Aber als er vor Wochen gehört habe, dass es Unstimmigkeiten gebe, habe er um ein Gespräch gebeten, dann allerdings keinen Termin dafür bekommen.
Im April werden sich die Fiftyfifty-Verkäufer im Hof des Linken Zentrums an der Corneliusstraße 108 treffen müssen. „Aber das ist für die Obdachlosen nicht gut zu erreichen, wir müssen eigentlich einen zentralen Ort finden“, so der Geschäftsführer von Fiftyfifty. „Vielleicht können wir uns in Zukunft im Saal der Marienkirche an der Oststraße treffen.“
Der Katholik Ostendorf, der auch das Projekt „Nachtbus“ für die draußen schlafenden Obdachlosen mit einem Franziskaner gegründet hat, ist entsetzt, „das widerspricht doch den Grundsätzen der Franziskaner, den Armen zu helfen! Sie haben Dienstag ihre Klienten, die Ärmsten der Armen, rausgeworfen.“
Bruder Atanasius, der Leiter des Franziskaner-Klosters, betont dagegen: „Wir werden den Standort aufgeben, die Veränderungen deswegen betreffen auch andere, wie etwa Bibelgruppen.“ Die Armenspeisung werde aber weiterhin gewährleistet. Er habe durchaus Verständnis dafür, dass bei den jetzigen Veränderungen viele Emotionen im Spiel seien. Warum er den Obdachlosen bei ihrem letzten Treff nicht den Hof öffnete, begründet Bruder Atanasius lakonisch: „Die Informationen gab es ja vorher. Und irgendwann muss man ja einen Schnitt machen.“