Kloster setzt Obdachlose vor die Tür
Für die zum großen Teil wohnungslosen Verkäufer der Obdachlosenzeitung Fiftyfifty war es nicht fremd, für Hubertus Ostendorf dagegen schon: Beim Monatstreffen stand der Geschäftsführer der Hilfsorganisation mit den rund 150 Verkäufern des Magazins auf der Straße, während sich das mächtige Tor des Franziskanerklosters schloss.
Vor vier Wochen noch hatten sich die Verkäufer dahinter getroffen, in der Firminus-Klause, die die Franziskaner vor rund 15 Jahren gemeinsam mit Fiftyfifty für die Armen und Obdachlosen eingerichtet hatte. Sozialarbeiter Oliver Ongaro bereitete dort gerade Kaffee und Kuchen für die Verkäufer vor, als der Leiter der Klause ihm die Kündigung in die Hand drückte. „Aufgrund struktureller Veränderungen“ sei es künftig nicht mehr möglich, die Klause für das Verkäufertreffen zur Verfügung zu stellen, teilte die Klosterleitung mit. „So ist der heutige Tag leider der Letzte für dieses Treffen“, heißt es in dem Schreiben, in dem die Klosterführung zugleich eine „erfolgreiche Suche nach einem neuen Versammlungsort“ wünscht.
Gerade dafür aber hätte man mehr Zeit gebraucht, sagt Ostendorf. Erstens, weil es nicht so einfach sei, für das Treffen, das immer am ersten Dienstag im Monat stattfindet, und bei dem in einer Stunde alles besprochen wird, was für die Fiftyfifty-Verkäufer wichtig ist, in zentraler Lage einen geeigneten Ort zu finden. Und zweitens sind seine Leute auch nicht so einfach zu erreichen, um ihnen einen neuen Versammlungsort mitzuteilen. „Das ist hier kein Weight-Watchers-Treffen, das sind die Armen Düsseldorfs“, so Ostendorf, der keine andere Möglichkeit sah, als das gestrige Verkäufertreffen kurzerhand auf dem Platz vor dem Kloster zu verlegen.
Ongaro gab per Megafon bekannt, dass das April-Treffen in den Hinterhof des Linken Zentrums in Bilk verlegt wird - zumindest, bis eine neue Lösung gefunden ist. Danach konnten sich die Verkäufer dann die Magazine abholen, mit deren Verkauf sie ihren Lebensunterhalt aufbessern - aus dem Kofferraum eines Fiftyfifty-Autos, denn der Weg zur eigentlichen Zeitungsausgabe war versperrt: Mit Beginn des Treffens hatten sich die Klostertore geschlossen.
Rund 70 Prozent der Obdachlosenzeitungen werden dort im Klosterhof an die Verkäufer weitergegeben. Zur Ausgabestelle gehört auch ein Toilettencontainer, bei dessen Finanzierung die Düsseldorfer Jonges Fiftyfifty unterstützt haben. Beim bevorstehenden Umzug des Franziskanerklosters soll auch dieser Container mit. „Das hat uns die Kirche zugesichert“, sagt Ostendorf.
Er habe sich stets um gute Kontakte zu den Franziskanern bemüht, erst vor einem halben Jahr gebeten, dass man über Probleme mit den Obdachlosen spreche. „Aber niemand hat uns gesagt, dass es ein Problem gebe - stattdessen kam die Kündigung.“ Die ärgert Ostendorf vor allem, weil von den strukturellen Veränderungen, mit der sie offiziell begründet wurde, gestern noch nicht sichtbar waren: Die Firminus-Klause wurde gestern nicht anderweitig genutzt, sondern stand während des Verkäufertreffens leer. Auch auf den bevorstehenden Wegzug des Klosters deutete nichts hin. Das Schild, auf dem für die Küche mit den Worten „Gut. Gesund. Gratis.“ geworben wird, sei sogar ganz neu, so Ostendorf. Er hat das Gefühl, man wolle Fiftyfifty nicht mehr beim Kloster haben. Von dort gab es gestern keine Stellungnahme.