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Der Paritätische | 1. September 2009

Keine halben Sachen

Während Leonie Ribaucourt gerade neue Adressen in die Spendendatenbank von Asphalt/fiftyfifty einpflegt, sie ist kaufmännische Angestellte bei dem Düsseldorfer Verein zur Förderung obdachloser und armer Menschen, herrscht reger Betrieb in den Geschäftsräumen. Die Verkäufer/-innen von fiftyfifty, einer der auflagenstärksten Straßenzeitungen Deutschlands, decken sich vor Ort mit der aktuellen Ausgabe ein. Für die 23-Jährige nichts Besonderes - sie hat gelernt, mit den Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft umzugehen, eine Junkie genauso zu behandeln wie die obdachlose junge Mutter.

Synomym fürs Teilen

"Das Prinzip von fiftyfifty ist einfach und sehr erfolgreich. Die Verkäufer/-innen, die alle einen Verkaufsausweis haben müssen, erwerben ihre Exemplare für die Hälfte des Preises, also zu 90 Cent, und veräußern sie für 1,80 Euro. Der Name der Zeitung wird dadurch zum Synonym fürs Teilen. Seit fast 15 Jahren stellen wir durch diesen Verkauf rund 50.000 Kontakte zwischen Menschen mit und ohne Wohnung her, erläutert Hubert Ostendorf, Mitgründer der Organisation. Ribaucourt ergänzt: "Wir bieten einer breiten Zielgruppe ein preiswertes Produkt an. Und die obdachlosen und armen Menschen erzielen mit dem Verkauf einen kleinen Nebenverdienst, müssen nicht mehr ständig betteln gehen." Sie gewöhnen sich auch wieder an feste Strukturen, denn sie können die gewünschten Exemplare nur zu bestimmten Zeiten an festgelegten Verkaufsstellen erwerben. Mit den Einnahmen aus dem Zeitungsverkauf deckt der Verein zudem seine Gehälter und Druckkosten ab - ein wirtschaftlich wichtiger Faktor.

Pritätische Starthilfe

Auslöser für die Gründung des Vereins im Jahr 1994 war eine Begegnung mit dem Schirmherr und Mitgründer, Franziskanerbruder Matthäus Werner. Ostendorf: "Ich hatte einen Interviewtermin mit Bruder Matthäus. Zeigleich hat mir ein guter Freund aus Hamburg von dem Erfolg des dortigen Straßenmagazins `Hinz und Kunz` erzählt. Da dachte ich mir, so was könnte Bruder Matthäus zur Unterstützung seiner Projekte doch auch machen." Mit 5.000 DM Starthilfe von der Paritätischen Geldberatung wurde 1995 dann die erste Ausgabe von fiftyfifty gedruckt. "Es gab nur eine Idee und das Vertrauen in unseren Erfolg, dafür sind wir dem Team Geldberatung heute noch sehr dankbar", sagt Ostendorf. Für eine Zusammenarbeit mit dem Paritätischen hat der Verein sich ganz bewusst entschieden und schätzt den Dachverband besonders für seine fortschrittliche Sozialarbeit.

Kunst gegen Armut

Zum Kerngeschäft des Vereins gehören auch die fiftyfifty-Kunstgalerie und seit einigen Monaten ein Online-Auktion. Hochkarätige Künstler spenden ihre Werke - der Verkaufserlös fließt zu 100 Prozent in die Obdachlosen-Projekte und zeigt, wie effektiv Sozialmarketing in der heutigen Zeit ist. Über die Kunst erreicht der Verein zudem Menschen, die wirtschaftlich erfolgreich sind, und holt das Thema Obdachlosigkeit so in die Mitte der Gesellschaft. Ostendorf: "Dadurch sammeln wir Spenden in der ganzen Welt und erhalten große mediale Aufmerksamkeit. Aber die Kunst ist nicht nur rein materiell zu sehen - wir nutzen auch die Netzwerke, die daraus entstehen", schildert der 48-Jährige. Auch das 2007 gestartete Projekt "underdog" zur medizinischen Versorgung von Wohnungslosen und ihren Tieren läuft sehr gut. "Es ist ein niederschwelligen Angebot, unsere Streetworker kommen über die Tiere mit der Zielgruppe viel besser ins Gespräch. Und wir erhalten glücklicherweise viele Spenden dafür", erklärt Ribaucourt.

Bedarfsorientierte Hilfen

Die Angebote des Vereins zielen auf Integration und decken alle Stufen der Bedürftigkeit wohnungsloser Menschen ab. Ostendorf geht davon aus, dass gegenwärtig eine halbe Millionen Menschen in Deutschland keinen festen Wohnsitz haben - Tendenz steigend. Viele von ihnen erscheinen nicht in den Statistiken, denn sie leben illegal hier. Aktuell richtet sich die Vereinsarbeit daher auch auf eine neue Zielgruppe: Rumänische Roma, die seit Öffnung der Grenzen 2007 in großer Anzahl nach Deutschland kommen. Ostendorf: "Es gab heftige Diskussionen, ob wir diese Menschen betreuen sollen. Viele Organisationen haben das abgelehnt.Für mich ist das eine Form von Rassismus. Projekte, die sich um arme Menschen kümmern, müssen sich auch mit veränderten gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzen."

Lobby für die Ärmsten der Armen

Der Verein sieht sich als Anwalt der Armen, kämpft gegen Vertreibung und Diskriminierung. Derzeit streitet Ostendorf mit der Stadt Düsseldorf um die Einführung eines vergünstigten Monatstickets für die Wohnunglosen. "Das Schönste wäre, wenn unsere Arbeit überflüssig würde. Leider geht der gesellschaftliche Trend global in eine andere Richtung", bedauert er. Doch Ribaucourt weist ihren Chef auf die positiven Seiten hin. "Das Schönste ist doch, dass wir den Erfolg unserer Projekt jeden Tag sehen können", stellt die junge Frau fest und gibt einem fiftyfifty-Verkäufer sein Wechselgeld zurück.