Städte bieten Zelte für Obdachlose an
Für rund 17 000 Menschen in NRW ist die Eiseskälte eine ernste Bedrohung: Sie leben auf der Straße. In Düsseldorf hat es die Rheinbahn abgelehnt, die U-Bahnhöfe für sie zu öffnen. Jetzt hat die Stadt ein beheiztes Zelt am Rhein aufgestellt. Auch in Duisburg gibt es ein solches Angebot.
Es sei "eine tolle Geste" der Stadt Düsseldorf, lobte Hubert Ostendorf, Sprecher der Obdachlosen-Hilfsorganisation fiftyfifty, gestern die Einrichtung eines Notschlafzelts am Rheinufer. Noch kurz zuvor hatte er auf die "dringende Notlage" der etwa 250 Wohnungslosen in der Stadt aufmerksam gemacht und das Verkehrsunternehmen Rheinbahn aufgefordert, die U-Bahnhöfe in den arktischen Nächten für Obdachlose aufzumachen.
Es soll das Nein der Rheinbahn zu dieser Forderung gewesen sein, die Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) dazu bewogen hat, sich selbst um das Problem zu kümmern. Viele Obdachlose meiden die 120 offiziellen Düsseldorfer Notschlafstellen selbst bei Niedrigsttemperaturen: die einen, weil sie Diebstahl fürchten, andere, weil sie ihre Hunde nicht mitnehmen dürfen. Das Schlafzelt unter der Rheinuferpromenade bietet Platz auch für Hunde, dazu warme Getränke und ärztliche Versorgung. Elbers´ Botschaft: "In Düsseldorf muss in diesem strengen Winter niemand auf der Straße schlafen."
Sozialarbeiter suchen seit Beginn des Kälteeinbruchs gezielt die Treffpunkte der Obdachlosen ab, versuchen, die Menschen in Notunterkünfte zu bringen. Besonders gefährdet sind die, die sich mit Alkohol gegen die Kälte zu wappnen vesuchen: "Sie spüren nicht, wenn die Erfrierung droht", so Ostendorf. Neben den Streetworkern von fiftyfifty und anderen Hilfseinrichtungen wie etwa der Armenküche hat dieser Tage deshalb auch der städtische Ordnungsdienst (OSD) das Wohlbefinden der Obdachlosen im Auge.
Auch in Duisburg gibt es seit Anfang der Woche ein Zelt mit Notschlafplätzen für Obdachlose. Aufgestellt hat es der Verein "Bürger für Bürger", der weiß, dass die Nichtsesshaften ein solches Angebot besser annehmen als manche offizielle Notschlafstätte. Anmeldungen oder Bezahlung für die Übernachtung im Warmen sind nicht nötig.
Unterstützt wird der Verein sowohl von der Stadt als auch vom Bahnhofsmanagement. Das Rote Kreuz stellte zehn Feldbetten bereit, das Zelt baute der Verein auf. Für die Verpflegung sorgt der Verein "Gemeinsam gegen Kälte" im Wechsel mit der Bahnhofsmission. Die Notunterkunft vor dem Bahnhof soll stehen bleiben, bis die Phase des strengen Frostes vorbei ist.
Das Zelt vor dem Bahnhof ist nicht die einzige Hilfe, die Obdachlosen in Duisburg in den eiskalten Nächten angeboten wird. Mitglieder des Vereins "Gemeinsam gegen Kälte" sind in den Nächten in der Stadt unterwegs und kümmern sich um die Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben. Neben Kaffee und Broten verteilen sie auch Schlafsäcke und Decken an die Frierenden.
In NRW leben nach Angaben des Düsseldorfer Generationenministeriums derzeit 17782 Obdachlose. 80 Prozent von ihnen sollen Männer sein. Fachleute gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus, da sich viele Menschen nicht bei den Behörden melden, obwohl sie keine Unterkunft haben. Während es in großen Städten viele Hilfsangebote gibt, ist die Situation in den ländlichen Regionen kritischer, konstatiert die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Dort gebe es vergleichseweise wenig Hilfsangebote. "Wir brauchen mehr vernünftige Partnerschaften vor Ort", sagte eine Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft.
Solche Partnerschaften registriert zurzeit vor allem die Leitstelle der Düsseldorfer Polizei. Seit Wochenanfang melden sich dort immer mehr besorgte Bürger, machen auf verlassene Schlafstellen von Obdachlosen und auf offensichtliche Notfälle aufmerksam. "Die Leute sehen ´ihren´ Obdachlosen im Viertel als Nachbarn, um den sie sich kümmern," sagt Polizeisprecher André Hartwich. "Das ist tröstlich."
Unterdessen fordert die Diakonie Kommunen auf, Bahnhöfe für Wohnunglose zu öffnen. Für die Düsseldorfer Rheinbahn bleibt das aber ausgeschlossen. Zu groß das Sicherheitsrisiko, zu fatal die Brandgefahr, sagt Unternehmenssprecher Georg Schumacher. Vor Jahren habe ein Obdachloser einen Brand verursacht, der den U-Bahn-Verkehr auf Monate lahmgelegt habe. Seitdem sind die Bahnhöfe nachts verschlossen.