Über Leben auf der Straße...
Der kleine Mann zieht gierig an seiner Zigarette. Tiefe Furchen in seinem wettergegerbten Gesicht erzählen Geschichten von nicht enden wollender Müdigkeit und täglichem Überlebenskampf. Geschichten vom Abgrund: Klaus Dieter Werner ist fiftyfifty-Verkäufer. Jeden Tag peist er in Düsseldorf das Straßenmagazin an, wartet geduldig, erträgt Spott, Pöbeleien, oft Schlimmeres. Doch er strahlt eine Würde aus, die nicht selbstverständlich ist: \"Ich bettele nicht. Ich trage meinen fiftyfifty-Ausweis, stelle mich hin und verkaufe Zeitungen. Zu mir kommen Geschäftsleute und Ärzte. Warum auch nicht? Es ärgert mich, wenn die Leute einem so mitleidig hinterher gucken\", sagt er. Ein kurzer Altstadt-Rundgang mit dem Mann, der seit 1988 \"Platte macht\"- also auf der Straße lebt - verdeutlicht, was meint. Viele Passanten werfen dem seltsam dahinschlurfenden Obdachlosen verstohlene Blicke zu: \"Klar\", sagt er. \"Die denken: \"Oh je, erst Mittag und schon wankt der hier besoffen durch die Straßen. So etwas könnte mir nie passieren.\" Wirklich nicht? Auch Klaus Dieter Werner führte einmal ein ganz \"normales\" Leben, arbeitete als Gießer, hatte Familie. Irgendwann beginnen die Schwierigkeiten. Er muss doppelte Schichten fahren. Immer öfter verdrängt Alkohol die sich häufenden Probleme und wird letztendlich selbst zu einem. Werners Ehe zerbricht. Er landet auf der Straße. Und die hat ihre eigenen grausamen Gesetze. Sicherheit ist ein Fremdwort, wo Leute ab und an \"gerne mal einen Penner vertrimmen\".
Vor einiger Zeit wurden Klaus Dieter Werner an beiden Füßen die großen Zehen amputiert. Folgen kontinuierlicher Unterkühlung. Deswegen wankt er. Alkohol hat der 52-Jährige seit Monaten keinen mehr angerührt.