Sollen auch Beamte in die Rentenversicherung einzahlen?

Durch den demografischen Wandel finanzieren immer weniger Beschäftigte immer mehr Rentnerinnen und Rentner. Die Rente ist eine tickende Zeitbombe. Reformen müssen her. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas fordert deshalb, dass auch Beamte künftig in das gesetzliche Rentensystem einzahlen. Eine gute Idee? 
 

PRO

Befürworter halten die Eingliederung von Beamten in die gesetzliche Rente allein schon aus Gründen der Gerechtigkeit für dringend geboten. Es sei schlicht unfair, dass diejenigen, die ohnehin zahlreiche Privilegien genießen, bei der Rettung des Rentensystems einfach außen vor blieben. Denn Arbeitnehmer müssen nicht nur die Rente von aktuell etwa 20 Millionen Rentnern durch ihre Beiträge finanzieren, sondern über ihre Steuern auch die Pensionen von rund 1,5 Millionen Beamten. Dafür gehen nahezu 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes drauf. 2022 kosteten die Beamtenpensionen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 53,4 Milliarden Euro. Laut Prognosen könnten sie bis 2040 sogar auf über 90 Milliarden Euro ansteigen. Überdies erhalten Beamte im Ruhestand deutlich mehr als Arbeitnehmer- trotz fehlender Beitragszahlungen: Während das Niveau bei Renten 48 Prozent des durchschnittlichen Gehalts beträgt, liegt es bei Pensionen zwischen 65 und 71,75 Prozent.

Dem Statistischen Bundesamt zufolge wird es im Jahr 2035 etwa vier Millionen Menschen mehr als jetzt geben, die älter als 67 Jahre sind. Gleichzeitig werden bis dahin weniger Menschen arbeiten. Auf einen Rentner kommen dann etwa 1,7 Beitragszahler; derzeit liegt dieses Verhältnis noch bei 2,1 zu 1. Die Integration aller Erwerbstätigen in die Rentenversicherung würde nicht nur die Finanzierung der Altersversorgung sichern, sondern zudem auch mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen schaffen sowie die Basis der Rentenkassen verbreitern und stärken. Die gesetzliche Rente wäre stabiler, weil mehr Menschen einzahlen.

Am Nebeneinander der verschiedenen Alterssicherungssysteme in Deutschland gibt es nicht nur die Kritik, diese Aufspaltung sei ungerecht und schwäche die gesetzlichen Rentenkassen. Es gibt auch die Einschätzung, diese Mehrgleisigkeit passe nicht zur Logik unseres Rechtssystems. Der langjährige Präsident des Bundessozialgerichts beispielsweise, Rainer Schlegel, hat wiederholt gefordert, auch Beamte und Selbständige in die gesetzliche Rente mit einzubeziehen, denn es gebe keinen vernünftigen Grund, warum für solche Berufsgruppen andere Regeln zur Alterssicherung gelten sollen als für Arbeitnehmer.

 

Contra

Der Deutsche Beamtenbund ist strikt gegen den Vorstoß von Bärbel Bas: „Einer Zwangs-Einheitsversicherung erteilen wir eine klare Absage“, so der DBB-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. Beamte stehen zu ihrem „Dienstherren“ laut Gesetz „in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis“ und haben ein eigenes Versorgungssystem: die auf dem sog. Alimentationsprinzip beruhende Beamtenversorgung, das Beamte in besonderer Weise sozial absichert, besonders auch durch lebenslange Pensionszahlungen im Ruhestand. Das Bundesinnenministerium formuliert es so: „Danach ist der Dienstherr verpflichtet, der Beamtin oder dem Beamten im aktiven Dienst, bei Invalidität und im Alter einen dem Amt angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren.“

Es würde die gesetzliche Rentenversicherung zwar zunächst entlasten, wenn die rund 1,7 Millionen Beamten künftig dort einzahlten, sie hätte, wie die Wirtschaftsweisen in ihrem Gutachten vorrechen, dann bis etwa 2070 höhere Einnahmen als Ausgaben gegenüber dem heutigen Stand, müsste danach aber kräftig draufzahlen, wenn alle neuen Beamten auch in Rente gehen. Denn die Neuzugänge erwerben mit jedem Euro, den sie einzahlen, auch Ansprüche, die die Rentenkassen später an sie auszahlen müssen. Normale Rentner hätten zudem keinen Vorteil davon, dass Beamte auch einzahlen. „Die Renten würden durch die Eingliederung der Beamten auch nicht steigen“, so Reinhold Thiede von der Deutschen Rentenversicherung,

Der Deutsche Beamtenbund weist zudem darauf hin, dass eine Umstellung der heutigen mehrgleisigen Alterssicherung ein Mammutprojekt mit gigantischem Aufwand wäre. Eine Neuausrichtung würde bis zu 40 Jahre dauern. Während dieser Umstellungsphase werde es „zu einer immensen Doppelbelastung“ kommen, warnt der DBB. Denn die verschiedenen Finanzierungslogiken der gesetzlichen Rente und der Beamtenpensionen müssten mit großem Aufwand zusammengeführt werden.

Mit dem Einbeziehen der Beamten in die Rentenkasse allein ist es nicht getan. Am Ende überwiegen die finanziellen Nachteile. Das grundlegende Finanzierungsproblem der Rente durch die Überalterung der Gesellschaft kann auch der Vorschlag von Bärbel Bas nicht lösen.

(Zusammengestellt von Hans Peter Heinrich)