Zwischenruf: Bedrohungsszenarien
Im Juli letzten Jahres schlugen die Medien Alarm: Armin Papperger, Chef des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall, stehe auf einer Todesliste des Kremls. „Nach Erkenntnissen westlicher Nachrichtendienste“, so hieß es, „soll der russische Präsident Killer losgeschickt haben.“ Deutsche Ermittler nahmen daraufhin verdächtige Personen ins Visier, „hatten offenbar aber zu wenig gegen sie in der Hand, um sie festzunehmen.“ Trotzdem wussten Politiker wie Roderich Kiesewetter (CDU) sofort: „Das muss man Staatsterrorismus nennen.“ Vor der Konzernzentrale stand fortan eine schwer bewaffnete Polizei-Eskorte. Klar, so eine Bedrohung muss man ernstnehmen, auch wenn sie vom Timing der Veröffentlichung her fast ein bisschen zu gut zum damals gerade in Washington tagenden Nato-Gipfel zu passen schien.
Nun sind es in Deutschland nicht nur Rüstungsmanager, die sich einer Bedrohung ausgesetzt sehen. Auch wer seit Jahren im Netz mit Botschaften terrorisiert wird wie „Zeigt diesem Dreckschwein die Macht des Volkes“, „Lasst uns den unnützen Knecht wegbomben“, „Ein Besuch wäre gut – von einem Scharfschützen“ oder „Wo sind die Kopfgeldjäger“, wer dann gleichzeitig erlebt, dass der Mob nach der Privatadresse fahndet, dem ist schon abzunehmen, dass er sich bedroht fühlt. Wir reden von Jürgen Resch, dem Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. Seit sechs Jahren blasen 50.000 Personen in einem einschlägigen, von einem Verbandschef der Automobilbranche administrierten Facebook-Forum zur Hetzjagd gegen ihn und den Verein. Seit zwei Jahren klagt Resch vor dem Oberlandesgericht Berlin auf Verbot der Gruppe. Bei einer Anhörung beteuerte der Vertreter von Meta, man werde Bedrohungen nicht tolerieren und Hassnachrichten löschen. Die oben zitierten und hunderte andere tauchen aber weiterhin auf. Gleichzeitig werden auch die Attacken von Lobbyisten im Nadelstreifen schärfer, etwa der kürzlich gegründeten „Initiative Transparente Demokratie“, in der Vertreter von Bayer-Monsanto und anderen Konzernen die Strippen ziehen. Die kompetente und erfolgreiche, in zahlreichen Gerichtsurteilen bestätigte Arbeit der DUH stört ihre Geschäftsinteressen.
Und während es Jürgen Resch vor Gericht kaum gelingt, einer wildgewordenen Facebook-Gruppe Einhalt zu gebieten, trat ein anderes Gericht, auf Drängen u. a. von Wolfgang Kubicki (FDP), in Aktion: Der Internet-Satiriker Sebastian Hotz („El Hotzo“) bekam ein Verfahren, weil er einen Witz über Trump und den Streifschuss vom Juli 2024 gemacht hatte, und flog beim RBB raus. Trump, das ist bekanntlich der nächste Friedensnobelpreisträger, wenn es nach Netanjahu geht, der es an sich auch gern selber wäre, was Papperger okay fände.