Ein Freund der Obdachlosen ist gestorben
Günther Uecker ist tot. fiftyfifty trauert um einen großen Freund und Unterstützer. Beinahe von Anbeginn an hat er mit Benefiz-Arbeiten unsere Obdachlosenhilfe unterstützt. Noch 2022 schenkte er uns für eine Ausstellung 12 Grafiken aus der Serie "Kosmos". Dorthin ist dieser leuchtende Stern der Kunst nun entschwunden. Einmal habe ich ihn gefragt, was er über Gott denkt. Seine Antwort war wohlüberlegt und mit Interpretationsspielraum versehen: "Wenn ich auf einen Berg gehe, nehme ich ein Seil mit." An seinem 90sten Geburtstag sagte er: "Religion ist seit Urzeiten die Begleiterin der Menschheit, Wiege der Moral, Weisheit."
Unzählige Begegnungen mit Günther Uecker haben mein Leben und meine Erkenntnis bereichert. Wie oft war ich in seinem Atelier im Düsseldorfer Hafen, wie viele Werkzyklen habe ich in ihrer Entstehung gesehen? Bis zuletzt, als er mir seine "Bögen" zeigte - Entwürfe für den Dom in Schwerin, in seiner geliebten ostdeutschen Heimat, mittlerweile fertiggestellt.
Günther Uecker hatte eine metaphysische Beziehung zu vielen Dingen, Ereignissen und Menschen, so erscheint es mir. Obdachlose lagen ihm am Herzen, da er selbst nach dem Krieg obdachlos war, wie er erklärte. Einige Grafiken aus der Edition "Verletzungen - Verbindungen" gibt es heute noch. Er bezog diesen für sein Werk so wichtigen Titel ausdrücklich auch auf die Schicksale von Menschen, die auf der Straße leben. "Verletzungen, die das Leben zufügt, Verbindungen, die heilen können." So sah er fiftyfifty.
Günther Uecker war ein Menschenfreund. Er führte ein rastloses Leben im Auftrag der Kunst und der Humanität. Für ihn gehörte beides zusammen und er ist nie fertig geworden, so, wie wir alle, die wir uns einsetzen, wohl nie fertig werden. "Das Eigentliche ist noch nicht getan", hat er einmal gesagt.
Hubert Ostendorf