Geknickter Jäger, barmherziger Biber
Eine Gruppenausstellung in Venlo zeigt Kunst zwischen Humor und bitterem Ernst.
Wenn Sie mal wieder in Venlo sind, gleich hinter der niederländischen Grenze, besuchen Sie doch das Museum van Bommel van Dam, es ist nur wenige Schritte vom Bahnhof des Städtchens entfernt. Dort ist gerade eine kleine Ausstellung mit dem Titel It’s Not A Joke zu sehen. Elf internationale Künstlerinnen und Künstler – deutsche sind nicht im Spiel – mit Hang zu Humor, Satire, Absurdität und ähnlichen Weisen der Annäherung an den Ernst des Lebens und die Probleme der Welt zeigen exemplarische Arbeiten. Brüllend Komisches ist nicht darunter und auch gar nicht vorgesehen. Allenfalls die außer Konkurrenz an einer Videostation gezeigten Szenen aus The Funniest Joke of the World von den Monty Pythons zielen in die Richtung – deutsche Wehrmachtssoldaten lachen sich reihenweise tot über einen von den Engländern an die Front geschleusten Witz, der so zur Wunderwaffe wird. Apropos Schießerei: Vergleichsweise schlicht, aber in sauberer handwerklicher Qualität kommt Pii Daenens Objekt The Hunter daher: ein Gewehr mit rechtwinklig abgeknicktem Lauf. Die Krönung ist die dazugehörige Patrone: auch sie akkurat abgewinkelt. Besser kann man wirklich nicht um die Ecke schießen. Die Firma Heckler & Koch sollte unbedingt die Massenfertigung übernehmen.
In einem separaten kleinen Kinoraum läuft ein professionell gedrehter Film im Stil einer Polit-Doku: Am großen runden Tisch debattiert ein Dutzend hochrangiger internationaler Politikerinnen und Expertinnen – ausschließlich Frauen – über Wege zur nuklearen Abrüstung. Two Minutes to Midnight (Zwei Minuten vor Zwölf) heißt das intensive, halb geskriptete, halb improvisierte Kammerspiel der israelischen, in Berlin und Amsterdam lebenden Multimediakünstlerin Yael Bartana (47 Min., in englischer Sprache).
Junge Besucher wird vielleicht eher das Videospiel Road to Schengen des Marokkaners Salim Bayri locken und nach der bereit gestellten Playstation greifen lassen. Da läuft und läuft die Figur eines Migranten durch den visuell abstrakt bleibenden Schengen-Raum, beständig fliegen ihm Hindernisse entgegen, denen es auszuweichen gilt. Bis es am Ende doch wieder heißt: „Game over, try again!“ Alexander Dobrindt hätte wohl seine Freude daran.
Die Freude des Verfassers dieses kleinen Berichts war hingegen mit am größten beim Besuch einer veritablen kleinen, mitten in der Ausstellung installierten Andachtskapelle, in der die christliche Passionsgeschichte eine ganz neue tröstliche Wendung nimmt, dank eines barmherzigen Bibers, der den Gekreuzigten endlich befreit und ihm den Weg in ein menschenwürdiges Leben öffnet. Dies alles wird beglaubigt durch einen volkstümlich anmutenden Bilderzyklus, den erfolgreich durchgenagten Original-Kreuzbalken und andere liebevolle Zeugnisse mehr. Agata Siwek aus Polen hat dieses nagelneue begehbare Werk geschaffen. Hosianna!
Olaf Cless
„It’s Not A Joke“
Bis 14.09.2025
Museum van Bommel van Dam
Keulsepoort 1
5911 BX Venlo