Im Wortlaut: Menschen sind keine Naturkatastrophe
Aus einer Erklärung deutscher Verlegerinnen, Verleger und Autoren zum Begriff „Zustrombegrenzungsgesetz“:
„Die Metapher des ‚Stroms‘ bzw. ‚Strömens‘ und ‚Überströmens‘ gehört nicht bloß historisch zum wesentlichen rhetorischen Repertoire des europäischen und deutschen Faschismus des 20. Jahrhunderts – insbesondere des Nationalsozialismus –, auch in der Gegenwart zählt sie zu den gebräuchlichsten demagogischen Instrumenten neofaschistischer, rassistischer und xenophober Bewegungen. Die AfD, der Rassemblement Nationale, die Fratelli d’Italia, die PiS-Partei, die Maga-Bewegung sowie andere ultrarechte Milieus verwenden ‚aquatisch-apokalyptische‘ Metaphern für ihre inhumane Hetze gegen alles Fremde. (…) Die Migrantinnen und Migranten werden in der Metapher grundlegend entmenschlicht, sie sind selbst die Verheerung.
Der realen Barbarei geht die Barbarisierung der Sprache voraus. Zuerst wird das Sprechen über migrantische Menschen inhuman, dann die gesellschaftliche Praxis. Auf diese Weise triumphiert die Strategie der Neuen Rechten, wie sie vor über einem Jahrzehnt in den Prinzipien der ‚Metapolitik‘ formuliert wurde. Genau das war die Idee: Begriffe dieser Unart zu lancieren und mehrheitsfähig zu machen. (…)
Der Begriff ‚Zustrombegrenzungsgesetz‘ selbst, alles, was er beinhaltet und bewirkt, befindet sich demokratisch gesehen jenseits der geistigen Brandmauer. Das ist der entscheidende Punkt. Die Sprache stellt den ersten Tabubruch dar. (…) Am Ende geht es um ‚die Sicherung vor dem Zuströmen artfremden Blutes‘, so die nationalsozialistische Erläuterung der Strom-Metapher von 1935.“
Am 31. Januar 2025 brachte die Bundestagsfraktion der CDU/CSU ihre Gesetzesinitiative unter dem Titel „Zustrombegrenzungsgesetz“ zur Abstimmung. Obige, hier gekürzt wiedergegebene Erklärung erschien in der Süddeutschen Zeitung vom 25. Februar. Zu den Unterzeichner*innen gehören Uwe Timm (Autor), Dörte Hansen (Autorin), Heinrich Detering (Philologe) und namhafte Verlegerinnen und Verleger.