Zwischenruf: Ablaufende Pyramide
Friede den Pyramiden von Gizeh. Und auch den Weihnachtspyramiden, von der großen, glühweinbetriebenen in der Düsseldorfer Altstadt bis zu den kleinen, erzgebirgischen aus den Wohnstuben, die nun eingemottet auf die nächste Jahresendzeit warten. Aber einer speziellen Pyramide muss hier noch gedacht werden, die uns das verflossene Jahr beschert hat: die sogenannte „D-Day Ablaufpyramide“ der FDP-Führung. Sie fand sich in einem internen Papier vom Oktober, in dem das Szenario und die Kommunikationsstrategie für den Bruch der Ampelkoalition durchexerziert wurden. Man schoss sich darin auf die „KW 45“ ein, was nicht für Kriegswoche steht, sondern für Kalenderwoche, obwohl im Papier auch von der „offenen Feldschlacht“ die Rede war und die dazu präsentierte Grafik wie gesagt den Namen „D-Day Ablaufpyramide“ trug. Die Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944, bekannt unter dem Codenamen D-Day, war ja doch eine verdammt blutige Angelegenheit – die Älteren und die Gefallenen werden sich erinnern.
Der interne Schlachtplan aus der FDP-Zentrale blieb nicht lange intern. Die Splitterpartei sah sich genötigt, ihn selbst zu veröffentlichen, nachdem er der Presse schon vorlag. (Einer Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an die beteiligten Whistleblower*innen und Journalisten sehen wir gespannt entgegen.) Andererseits schaffte es die FDP mit ihrer eigenartigen „Ablaufpyramide“ zumindest anfangs, Verwirrung selbst in qualifiziertesten Redaktionen zu stiften. So erkannte Joachim Käppner von der Süddeutschen Zeitung zwar den Kardinalfehler, „einen Zeitplan mit einer Pyramide“ zu verwechseln, las das Gebilde dann aber falsch herum, nämlich von unten nach oben, also vom Ausbruch der „offenen Feldschlacht“ bis zum kläglich kleinen „Impuls“ an der Spitze. Sein Redaktionskollege Martin Zips muss zur gleichen Zeit an seiner gegenteiligen Deutung der Schildbürgergrafik geschrieben haben, die dann an anderer Stelle in ein und derselben Ausgabe zu lesen war.
Wenn es die Lindner-Truppe auch wohl nicht mehr in den neuen Bundestag schaffen wird, dann doch ins Handbuch der wirrsten Grafiken der Welt. Man könnte sich ihre Pyramide auch auf einem Motivwagen im kommenden Karneval vorstellen, zumal da das Anheizen von „Narrativen“ (siehe Segment 2 und 3 der Grafik), wie der Name schon sagt, die ureigene Aufgabe der Närrinnen und Narren ist. Das Ganze vielleicht als Käfig gestaltet, in dem die Parteiprominenz Party macht, zuoberst reckt Lindner etwas in den vom Sperrfeuer der Konfettikanonen verdunkelten Himmel: eine Kettensäge à la Milei & Musk.