Auszeichnungen für Friedensstifter im Nahen Osten
Die Möglichkeit des Friedens: David Grossman erhält den Heinrich-Heine-Preis
Das sei „eine gute Nachricht in einer Zeit mit so viel schlechten Nachrichten“, sagte David Grossmann, als ihm Düsseldorfs Erster Oberbürgermeister Stephan Keller am Telefon zum Preis gratulierte, den ihm die Jury gerade zuerkannt hatte. Der israelische Schriftsteller, so heißt es in der Begründung, werde „nicht müde, der Menschlichkeit eine Stimme zu geben.“
Schon Grossmans Erstlingsroman Das Lächeln des Lammes, erschienen vor über 40 Jahren, widmete sich den Menschen im besetzten Westjordanland. Der bald folgende Reportageband Der geteilte Israeli: Über den Zwang, den Nachbarn nicht zu verstehen nahm die israelischen Araber und Palästinenser in den Blick. Größte internationale Aufmerksamkeit erzielte später Grossmans Roman Eine Frau flieht vor einer Nachricht (2008 auf Deutsch erschienen), in dem die Titelfigur, Mutter eines Sohnes, der gerade in der Armee dient und kämpft, sich auf eine rastlose Reise durch das Land begibt, um der von ihr befürchteten Todesnachricht zu entgehen. Grossman hatte die Arbeit am Buch noch nicht beendet, da passierte das Furchtbare: Sein eigener Sohn starb bei einem Kampfeinsatz im Libanon.
Als der Autor 2010 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, geschah dies besonders mit Blick auf Eine Frau flieht vor einer Nachricht. In den damaligen Reden wurden viele kluge, eindringliche Worte gefunden. Der Laudator Joachim Gauck lobte den Preisträger für seine unverdrossene Weigerung, „Teil einer Vergeltungsmechanik zu sein“. Der Vorsteher des Börsenvereins pries Grossmans konsequenten Widerstand dagegen, „dem Krieg in seinem Land, dem Krieg in aller Welt und dem Krieg in uns das letzte Wort zu überlassen.“ Und Grossman selbst sagte: Wer „an der Möglichkeit des Friedens verzweifelt, der ist bereits besiegt worden, der hat sich dem Schicksal eines immerwährenden Kriegs ergeben.“
Wenn der weiterhin unbesiegte, bald 71-jährige David Grossman im Dezember in die Heine-Stadt Düsseldorf kommt und die verdiente Auszeichnung entgegennimmt, dann werden die Beteiligten schwerlich über die Einsichten von 2010 hinausgelangen. Nur ist heute, in dieser Zeit der „vielen schlechten Nachrichten“, die Gefahr gewachsen, dass sie verloren gehen oder ausgehöhlt und zu Lippenbekenntnissen werden. Der Sog der „Vergeltungsmechanik“, der Glaube an den immerwährenden, alternativlosen Krieg sind so stark wie lange nicht. Lieber David Grossman, wir heißen Sie willkommen!
Olaf Cless
Preisverleihung am 14. 12., 11 Uhr, Schauspielhaus Düsseldorf
Der palästinensische Gandhi: Issa Amro hat den Alternativen Nobelpreis erhalten
Issa Amro, ein palästinensischer Menschenrechtsaktivist und Gründer der Organisation Youth Against Settlements, wurde vor kurzem mit dem renommierten Right Livelihood Award, oft als Alternativer Nobelpreis bezeichnet, ausgezeichnet. Der 1980 Geborene setzt sich seit Jahren mit gewaltfreien Mitteln gegen die israelische Besatzung im Westjordanland ein und fördert friedlichen Widerstand gegen Siedlungsprojekte. Sein Credo: „Ich kämpfe dafür, dass mein Volk frei ist, in Würde leben kann und dass wir die gleichen Rechte haben wie alle anderen Menschen.“ Seine Organisation will die von Siedlungen betroffene palästinensische Bevölkerung stärken und auf die Missstände aufmerksam machen, die durch die Siedlungspolitik entstehen. „Wir kämpfen mit gewaltfreien Mitteln, weil wir glauben, dass nur auf diese Weise Frieden erreicht werden kann“, sagt Amro immer wieder. Und deshalb: „Unsere Waffe ist unser Wort und unser Einsatz für Frieden die Forderung nach Gerechtigkeit.“
Die Right Livelihood Stiftung ehrte Amro und seine Organisation für ihren „standhaften, gewaltfreien Widerstand gegen die illegale Okkupation“ und würdigte damit deren Beitrag zu Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten. Diese Auszeichnung soll ausdrücklich die Bedeutung gewaltfreier Widerstandsbewegungen unterstreichen und eine friedliche Lösung des Konflikts fördern sowie die Rechte der unterdrückten Bevölkerung stärken.
Amro, der immer wieder von israelischen Soldaten brutal geschlagen, getreten, beleidigt und festgesetzt wurde, wird international oft als der „palästinensische Gandhi“ bezeichnet und erhielt bereits mehrere Anerkennungen für seinen Mut und sein Engagement für Menschenrechte und sozialen Wandel in der Region.
Hubert Ostendorf