Das Geld ist alle... Protestaktion von fiftyfifty
Schon vor der Corona Krise und vor dem Krieg in der Ukraine lagen die Hartz IV und Grundsicherungsbeiträge auf einem extrem niedrigem Niveau. Schon damals kamen viele Menschen kaum noch über die Runden. Doch nun steigt die Inflation immer weiter. Die Energiekosten explodieren und selbst Grundnahrungsmittel können sich viele schlicht nicht mehr leisten. Der Druck auf die Lebensmitteltafeln nimmt immer mehr zu. Die Corona-Krise hat schon in den vergangenen zwei Jahren zu extremen Einnahmeeinbusen bei Pfandflaschensammler:innen und Zeitungsverkäufer:innen geführt. Nun kommen also auch noch steigende Preise hinzu. Wieder einmal trifft es die ärmsten der Armen besonders hart. Ein weiteres Einsparen und Einschränken ist einfach nicht mehr möglich.
Laut statistischem Bundesamt kosten heute Lebensmittel 12 Prozent mehr als im Juni 2021. Das heißt für Menschen, die Alg II oder Grundsicherung bekommen, dass am Monatsende, allein statistisch gesehen, das Geld für volle drei Tage fehlt. Dabei zeichnet sich ab, dass die Preissteigerung anhält. Daher helfen auch die Einmalzahlungen der Bundesregierung nicht eine langfristige Lösung zu finden. Deshalb haben wir eine Protestaktion mit leeren Einkaufstüten auf dem Marktplatz (vor dem Rathaus) in Düsseldorf gemacht.
Weil das Geld längst alle ist, fordern wir eine dauerhafte Erhöhung der Hartz IV Sätze und die Weiterführung des 9 Euro Tickets für arme Menschen.
https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/die-aermsten-leiden-unter-krisen-enorm_aid-73661383
"Das Geld ist alle“, warnt die Obdachlosenzeitung fiftyfifty
Inflation werde für die Ärmsten in Düsseldorf immer gefährlicher. Protestaktion vor dem Rathaus soll Problembewusstsein schaffen
„Wir stehen ganz am Anfang einer sehr gefährlichen Entwicklung“, warnt Fiftyfifty-Geschäftsführer Hubert Ostendorf am Donnerstagnachmittag vor dem Rathaus. Der Verein hat auf dem Platz leere Papiertüten aufgestellt, Aufschrift: „Das Geld ist alle..“. Sie sollen für die leeren Einkaufstüten von Menschen, deren Einkommen nicht mehr den ganzen Monat lang reicht. Der Protest soll ein drängendes Problembewusstsein schaffen. Ihre Stimme erheben an diesem Nachmittag vor allem Menschen, die die Problemlage selbst betrifft.
Einer davon ist Django, fiftyfifty-Verkäufer in Kaiserswerth. Er und seine Frau Leben von einer knappen Erwerbsminderungsrente. Vor Corona konnten er und seine Frau monatlich rund 100 Zeitungen verkaufen, mittlerweile sind es nur noch 20 bis 30. „Wir können nicht die letzten zehn tage im Monat nur Nudeln mit Ketchup essen. So wird man krank!“ Vanessa, jahrelange fiftfifty-Verkäuferin, spricht danach: „Am Ende des Monats habe ich nichts mehr übrig. Der Zeitungsverkauf wird immer schwieriger, seit Corona.“ Fifityfifty-Verkäufer und Sozialleistungsbezieher Peter, genannt „Kö-Peter“ kriegt jeden Tag einen Schock bei den Lebensmittelpreisen, erzählt er. Auch sein Geld reicht nur durch Hilfe von Freunden. „Der zweihundert-Euro Zuschuss ist läppisch. Dass Die Armen immer ärmer werde, das muss jetzt endlich ein Ende haben!“ Auch Pater Wolfgang Sieffert von der Altstadt-Armenküche ist vor Ort. Immer mehr Menschen kommen zum Monatsende hin in die Armenküche, erzählt er. Bis zu 300 Leute seien es täglich. Daneben wurden
etwa in der Coronakrise, die Reichsten immer reicher, kritisiert der Pater. „Wo leben wir hier?“ fragt er fassungslos. „Die Tafeln können nicht Erfüllungsgehilfen der Sparpolitik sein“, fügt Ostendorf hinzu.
Housing First bedroht
Die Problemlage bedroht auch das Projekt Housing First, erklärt er. „Sechzig Menschen, die über Housing First wieder eine Wohnung bekommen haben, stehen vor dem Problem, dass Sie ihre Energiekosten nicht mehr bezahlen können.“ Was immer wieder in den Beiträgen anklingt: Das 9-Euro-Ticket hat für viele Geringverdiener einen großen Unterschied gemacht. Aus einer Kundgebung am Donnerstag der Folgewoche soll das vor dem Rathaus größer thematisiert werden.
NRZ 28.7.22