Obdachlose als Top-Models

Sie wollen den Blick, den wir gemeinhin für Obdachlose übrig haben, verändern, schärfen. Zum Ende ihres Studiums an der University of Europe for Applied Sciences in Berlin bei Prof. Matthias Leupold, mit dem fiftyfifty seit längerer Zeit schon verbunden ist und der eine Foto-Edition für die Obdachlosenhilfe gespendet hat, haben die nun fertig studierte Designerin Ira Dorsch und der Fotograf Luis Maximilian Limberg Obdachlose auf der Straße gefragt, ob sie nicht als Top-Model posieren wollen. Dabei herausgekommen ist eine 16-seitige Beilage für die Januar-Ausgabe des Straßenmagazins fiftyfifty mit Fotos von der Straße und den vermeintlichen Covers bekannter Mode-Magazine, die statt der üblichen Luxuskörper die ungeschminkte Schönheit von Bodys aus dem gesellschaftlichen Abseits zeigt - die Körper von Menschen, deren rauer Lebensmittelpunkt die Straße ist. Luis Maximilian Limberg: "Es geht um Begegnung, Interaktion, um Zwischenmenschlichkeit, um Würde und eine andere, vorurteilsfreie Wahrnehmung." Und dies nicht nur in der Art, wie er und seine Partnerin ihre Fotos und Cover präsentieren, sondern auch in einem Essay in der fiftyfifty-Beilage, das eine respektvolle, vorsichtige und geradezu kollegiale Annäherung an das Leben der Ärmsten beinhaltet. Ira Dorsch: "Eine existenzielle Erfahrung, die die eigene, saturierte Lebensweise und die der Gesellschaft infrage stellen." Markus Zank, eines der Street-Models: "Meine Fotos sind ein Ausdruck der Überwindung von Ausgrenzung." Sie zeigten Dinge von ihm, die in der üblichen Wahrnehmung gar nicht vorkämen. "Denn die übliche Wahrnehmung", so Markus Zank, "ist die Nicht-Wahrnehmung, die Missachtung."

In Ergänzung zu ihrer Beilage haben Ira Dorsch und Luis Maximilian Limberg einen Kino-Werbespot hergestellt, der in allen Programm-Kinos Düsseldorfs vor den Hauptfilmen im ganzen Januar gezeigt wird. Deren Geschäftsführer Kalle Somnitz: "Wir haben fiftyfifty in der Vergangenheit mehrfach unterstützt und freuen uns, wenn durch die kostenlose Schaltung des Werbespots viele Straßenzeitungen verkauft werden. Damit die Obdachlosen - gerade in dieser schweren Corona-Zeit - wieder mehr Geld zur Linderung ihrer Not einnehmen."

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