Steinhart

Zum aktuellen Stand:

https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/obdachlose-duesseldorf-steine-rheinkniebruecke-100.html

https://www.derwesten.de/region/duesseldorf-irre-wende-steine-unter-bruecke-ploetzlich-verschwunden-id227195005.html

https://www.sueddeutsche.de/politik/kommunen-duesseldorf-steine-gegen-obdachlose-streit-eskaliert-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190926-99-40311

https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/massnahme-gegen-obdachlose-steine-unter-kniebruecke-duesseldorf-zur-seite-geraeumt_aid-46098949

https://www.report-d.de/Duesseldorf/Aktuelles/Wo-ist-Platz-fuer-Obdachlose-in-Duesseldorf-120742 /https://www.express.de/duesseldorf/obdachlose-unter-duesseldorfer-kniebruecke--ich-wurde-von-der-stadt-verjagt--33223490

Stadt Düsseldorf vertreibt Obdachlose mit „Wackerstein-Trick“

(EXPRESS). Der Umgang mit Obdachlosen in Düsseldorf wird offenbar wieder härter. Nachdem eine Räumung eines Wohnungslosen-Camps am NRW-Forum für Empörung und die Schaffung von Wohnraum für die Betroffenen geführt hatte, greift die Stadt jetzt wieder zu anderen Maßnahmen. Zum Beispiel unter der Kniebrücke. Oben toste der Verkehr. Unten suchten Menschen Schutz vor Regen, Wind und Kälte. Die Rheinkniebrücke war in den letzten Jahren immer ein Ort, an dem sich Obdachlose einfanden. Gerade bei Regenwetter war der trockene Raum unter der Brücke für die Wohnungslosen Gold wert. Manche fanden dort sogar eine Art „Wohnung“. Sie richteten sich unter den Fußgänger- und Radler-Auffahrten zur Kniebrücke häuslich ein. Damit ist es jetzt vorbei. Nachdem schon an der Auffahrt gegenüber der Staatskanzlei vor einiger Zeit Fahrradständer platziert wurden, um die Obdachlosen zu vertreiben, ging es jetzt auch dem Unterschlupf auf der Auffahrt auf der Parlamentsseite an den Kragen.

Man sieht nur noch letzte Reste der Obdachlosen-Lager

Nach EXPRESS-Informationen wurden vor gut einer Woche große Wackersteine unter der Auffahrt abgeladen. Ein Campieren ist dadurch dort jetzt nicht mehr möglich. Man sieht noch letzte Überreste von Obdachlosen-Lagern, die Menschen sind weg.

Stadt Düsseldorf gibt „Wackerstein-Trick“ zu

Dass der „Wackerstein-Trick“ eine Idee der Stadt ist, gibt diese auch zu: „Das Lager an der Rheinkniebrücke wurde nach vorhergehenden Hinweisen auf vorliegende Verstöße und auf alternative Unterbringungsmöglichkeiten geräumt“, erläutert ein Sprecher der Stadt. „Um einerseits der Beschwerdelage Rechnung zu tragen, andererseits erneute Lagerstätten im Einzugsbereich des Apollo-Varieté und der Staatskanzlei weitestgehend einzuschränken, hat sich die Verwaltung dazu entschieden, den Bereich unter der Brücke mit sogenannten »Findlingen« zu bestücken.“ Rückblende: Anfang September räumten Wohnungslose bereits ihr Camp im Ratinger Tor am Hofgarten. Streetworker hatten damals erfahren, dass die Stadt eine Räumung plane. Die Obdachlosen kamen dem zuvor und verschwanden.

Neue Kehrtwende in der Obdachlosenpolitik

Damit scheint es bei der städtischen Obdachlosenpolitik wieder eine Kehrtwende zur Repression und Vertreibung zu geben. Noch im Frühjahr hatte sich die Stadt unter öffentlichem Druck zu einem neuen Projekt entschlossen und Obdachlose, die vom NRW-Forum aus ihrem Camp an dem Museum geschmissen werden sollten, in einem Haus in Hamm untergebracht. Ein voller Erfolg: Einige der Ex-Obdachlosen haben sogar schon wieder Arbeit, wollen in normale Wohnungen umziehen. Marc Herriger

https://www.express.de/duesseldorf/unglaublich-stadt-duesseldorf-vertreibt-obdachlose-mit---wackerstein-trick--33218656

https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/wackersteine-gegen-obdachlose-in-duesseldorf-100.html

https://www.derwesten.de/region/duesseldorf-sorgt-mit-dieser-massnahme-fuer-einen-eklat-es-wird-immer-schlimmer-id227195005.html

 

 

Ein Rechtsstaatsproblem

Kommentar von fiftyfifty-Gründer Hubert Ostendorf

Von Anfang an, seit 24 Jahren, arbeite ich nun bei fiftyfifty. In all den Jahren wurden und werden Obdachlose mit Bußgeldern überzogen. Nur, weil sie arm sind. Diese Praxis stellt eine institutionelle Form der Diskriminierung dar. Von Anfang an haben wir dies kritisiert. Und: Immer wieder den Dialog mit den Verantwortlichen gesucht. Doch statt besser wird es immer schlimmer. Dies, obwohl wir durch professionelle Sozialarbeit und unser Programm Housing First, das Obdachlose dauerhaft in Wohnungen bringt, einen wichtigen Beitrag zum sozialen Frieden leisten. Doch all dies wird offensichtlich nicht gewürdigt. Nicht einmal, dass wir aus Erlösen unserer Benefiz-Galerie sogar Gewerbesteuern zahlen. Wir bekommen also nicht nur keine Unterstützung von der Stadt Düsseldorf, wir zahlen sogar noch und holen zudem die Kohlen aus dem Feuer. Klar, wir sind unbequem. Weil wir nicht hinnehmen, dass Obdachlose, die sich vor dem Regen in einem Bushaltehäuschen schützen, dafür ein Bußgeld bekommen. Oder, weil sie eine Plane zwischen zwei Büsche in einem Park spannen. Oder, oder. All diese „Fälle“, sofern wir sie vor Gericht bringen konnten, wurden dort zu Gunsten der Betroffenen entschieden oder eingestellt. Die Stadt Düsseldorf hat in 24 Jahren nicht ein einziges Verfahren gewonnen. Und doch geht diese menschenverachtende Praxis gegen die Ärmsten der Armen immer weiter. Man setzt wohl darauf, dass Obdachlose keine Beschwerdekompetenz haben. Und, schlimm genug: Dieses Kalkül geht ja auch auf. Denn die meisten derer, denen es so schlecht geht, dass sie auf Betteln oder den Verkauf dieser Zeitung angewiesen sind, sind zu krank, zu schwach, zu sehr gebeugt durch ständige Verachtung und Vertreibung, dass sie sich eben nicht wehren können. Gegen einen Paragraphen, der zudem noch rechtswidrig ist, wie ein Gutachten des Anwaltes Dr. Michael Terwiesche vor über 20 Jahren schon gezeigt hat. Die Stadt Düsseldorf hat ein Rechtsstaatproblem. Obwohl sie ohne juristisch korrekte Grundlage und völlig ohne juristischen Erfolg gegen die Ärmsten agiert, hat der Rat der Landeshauptstadt die Straßensatzung immer noch nicht zu Gunsten seiner benachteiligten Bürgerinnen und Bürger, denn das sind sie, Bürgerinnen und Bürger, geändert. Es ist an der Zeit.

 

Den Auftrag des Grundgesetzes nicht erfüllt

Von Dr. Jasper Prigge, Rechtsanwalt und Beiratsmitglied von fiftyfifty

Wenn Menschen auf der Straße leben müssen, weil sie keine Wohnung haben, liegt es in der Hand jedes Einzelnen von uns, ihnen mit Wertschätzung entgegenzutreten. Dies kann zum Beispiel durch ein freundliches Gespräch passieren oder den Kauf einer fiftyfifty als einer Möglichkeit der Hilfe zur Selbsthilfe.

Der Staat hingegen hat nicht nur eine moralische Pflicht, sich um die Menschen zu kümmern, die dazu gerade nicht in der Lage sind. Er ist durch das Sozialstaatsprinzip in Artikel 20 des Grundgesetzes auch rechtlich dazu gehalten, die Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein sicherzustellen.

Diese grundlegende Verpflichtung fällt allerdings allzu schnell anderen Interessen zum Opfer, beispielsweise dem Wunsch nach einer „sauberen“ Innenstadt. Mit Verboten und Bußgeldern gehen nicht wenige Städte gegen Obdachlose vor. Ihnen kommt gelegen, dass sich die Betroffenen in der Regel nur schwer gegen Maßnahmen wehren können. Wer auf der Straße lebt, wird seinen Fall selten vor Gericht bringen – Rechtsschutz muss man sich leisten können. Dabei agieren die Städte häufig auf einer wackligen rechtlichen Grundlage.

Das musste beispielsweise die Stadt Duisburg feststellen. In der Innenstadt sollte ein Alkoholverbot durchgesetzt werden, in der Gastronomie und bei Sonderveranstaltungen wie dem Weihnachtsmarkt sollte aber weiter kräftig getrunken werden. Formal mussten sich alle an das Verbot halten, faktisch war es ein Sondergesetz für „unerwünschte“ Personengruppen. Eine Anwohnerin klagte mit Unterstützung von fiftyfifty, das Verwaltungsgericht gab ihr recht.

In Düsseldorf verbietet § 6 der Straßenordnung „störendes Verhalten“. Bereits 1997 kam ein Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Vorschrift in weiten Teilen rechtswidrig ist. Sie lässt den Ordnungskräften freie Hand zu entscheiden, welches Verhalten „stört“ und welches nicht. Erstaunlich: Bis heute gibt es keine bekannten Fälle, in denen Bußgelder vor Gericht Bestand gehabt hätten. Trotzdem geschieht es immer wieder, dass der Ordnungs- und Servicedienst sie verhängt. Mehr noch, vereinzelt wurden sogar Handys als „Sicherheitsleistung“ einbehalten.

Eine Stadt, die sich mit ihren Ordnungskräften gegen Obdachlose wendet, erfüllt den Auftrag des Grundgesetzes nicht. Im Gegenteil, sie behandelt Menschen aufgrund ihrer Notlage nicht wie Bürgerinnen und Bürger, sondern als seien sie zweiter Klasse. Das muss aufhören. fiftyfifty prangert diese Missstände an und unterstützt Betroffene bei der Wahrnehmung ihrer Rechte. Ich meine: Gut so.