Im Fall Ongaro besteht nach dem ersten Prozesstag noch keine Klarheit

Montagmorgen, 11.03.19, begann der Prozess gegen unseren Streetworker Oliver Ongaro. Den Pressespiegel zum Prozessauftakt lesen Sie hier. Der zweite Verhandlungstag ist auf den 27.03.2019, 13.00 Uhr, am Amtsgericht terminiert.
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-duesseldorf/video-lokalzeit-aus-duesseldorf-2250.html

https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/prozess-gegen-fiftyfifty-streetworker-oliver-ongaro-in-duesseldorf_aid-37375545

https://www.report-d.de/Duesseldorf/Aktuelles/Duesseldorf-Prozess-gegen-fiftyfitfty-Streetworker-mit-vielen-Widerspruechen-112547

https://www.wz.de/nrw/duesseldorf/streetworker-ongaro-steht-vor-duesseldorfer-gericht-verschiedene-aussagen_aid-37370827

https://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/duesseldorfer-streetworker-erhaelt-unterstuetzung-aus-berlin-id216629973.html

 

Widersprüchliche Aussagen

Im Fall Ongaro besteht nach dem ersten Prozesstag noch keine Klarheit

Großer Andrang zum Prozessauftakt im Fall Oliver Ongaro: Dem Streetworker wird vorgeworfen, am 8. November 2018 eine Maßnahme des Ordnungs- und Servicedienst der Stadt (OSD) behindert zu haben und dabei eine Mitarbeiterin des Ordnungsdienstes tätlich angegriffen zu haben.

Der Einlass dauert bereits länger als eine halbe Stunde. Der Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Kollegen, Klienten und Freunde des Angeklagten sind erschienen, um Ongaro zu unterstützen. Kein Wunder, hatte die Obdachlosenzeitung Fiftyfifty doch zum zahlreichen Kommen aufgefordert.

Fünf Zeugen und vier verschiedene Darstellungen des Tathergangs: Wer hat geschubst, wer hat geschlagen, wer stand wo genau und am wichtigsten: Wer hat was gesehen? Einzig zwei Mitarbeiter des OSD sind sich in ihre Darstellung weitgehend einig. „Dies ist auch nicht ungewöhnlich – haben beide doch zusammen den abschließenden Bericht verfasst“, stellt der Anwalt Ongaros Jasper Prigge fest. Fakt ist, die Mitarbeiterin hat einen verstauchten Arm davongetragen. Wie die Verletzung entstanden ist – vielleicht sogar selbstverschuldet – gilt es zu klären.

Interessant ist, dass der dritte Mitarbeiter des Ordnungsamtes, der auch an der Maßnahme beteiligt war, seine Aussage nach mehrmaligen Nachfragen durch Richterin und Staatsanwältin revidiert. Der 51-Jährige hatte bei seiner ersten Vernehmung durch die Polizei angegeben, dass er keine körperliche Auseinandersetzung zwischen Ongaro und der Mitarbeiterin des Ordnungsamtes gesehen hat. Vor Gericht erklärt er aber gesehen zu haben, wie Ongaro der jungen Dame im „Bruchteil einer Sekunde“ den Arm umgedreht hat. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass Zeugen nach ihrer ersten Vernehmung bei der Polizei vor Gericht den genauen Tathergang nicht rekonstruieren können“, so die Richterin. „Dass aber Monate später noch mehr Details zum Vorschein kommen, ist ungewöhnlich.“ Der Zeuge könne von seinen Kollegen beeinflusst worden sein, um seine Aussage nachträglich zu ändern. Die Staatsanwältin ergänzt: „Sollte das der Fall sein und sie lügen uns hier an, begehen sie eine Straftat.“ Zehn Minuten werden dem Zeugen zum Nachdenken gegeben. Nach Ablauf der Zeit antwortet er eingeschüchtert in schwierigem Deutsch: „Es ist mir nicht erinnerlich.“ Ob die beiden anderen Mitarbeiter auf ihn eingewirkt haben, kann nicht geklärt werden.

Der polnische Obdachlose, dessen Kontrolle erst zu dem Zwischenfall geführt hat, wird als vierter Zeuge vernommen. Begleitet wird er von einer Dolmetscherin. Die Befragung verläuft zäh. Deutlich wird nur, dass Ongaro aus Sicht des ehemaligen Obdachlosen nicht der Aggressor war.

Auftritt des wohl prominentesten Zeugen: Kö-Peter. Der 73-Jährige hatte jahrelang seinen Lebensmittelpunkt auf dem Bürgersteig vor der Kö-Galerie und ist somit stadtbekannt. Nachdem Kö-Peter die ersten Minuten nutzt, um sich bei allen Unterstützern Ongaros zu bedanken, beginnt seine eigentliche Befragung. Bei dem genauen Tathergang zeigt sich, dass die Aussage Unterschiede zu der Ongaros aufweist. Wurde mit der Faust geschlagen oder doch mit dem Ellbogen? Wurde überhaupt geschlagen oder doch nur geschubst? Auch hier können die Fakten nicht geklärt werden.

Die Befragungen von zwei weiteren Zeugen – eine am 8. November später dazugekommene Polizistin sowie ein Sozialarbeiter – bringen keine neuen Ergebnisse. Nach vier Stunden wird die Verhandlung auf den 27. März vertagt.

Nach Ende des Prozesstages zeigt sich fiftyfifty-Geschäftsführer Hubert Ostendorf zuversichtlich: „Gerade die Befragung des dritten OSD-Mitarbeiters hat mir bestätigt, dass es sehr wohl Sinn macht, die Anschuldigungen gegen Ongaro in Zweifel zu ziehen.“