Wilde Bilder

„Ich fühle mich wie auf einer Zeitreise“, stellte Feridun Zaimoglu beim Besuch der Fiftyfifty- Galerie am Freitagabend überrascht fest und gab zu: „Viele der Bilder sehe ich nach 30 Jahren zum ersten Mal wieder.“

Eben diese Werke, die noch bis Ende Januar in der Jägerstraße 15 zu sehen sind, stammen von dem bekannten Schriftsteller selbst. Entstanden sind sie zu einer Zeit, als seine Berufspläne noch ganz andere waren. Denn ursprünglich wollte Feridun Zaimoglu Mediziner werden. Doch das Studium verlangte ihm einiges ab. Um sich abzulenken, begann er mit Öl-Kreide zu malen. „Die war preiswerter als Öl-Farbe und trocknete auch schneller“, erinnerte sich der Schriftsteller im Gespräch mit Michael Serrer, Leiter des Literaturbüros NRW, während der Vernissage.

Dass in der Galerie überhaupt eine Auswahl seiner Frühwerke noch bis Ende Januar zu sehen ist, ist Mohamad Jacobs zu verdanken. Die beiden waren Studienkollegen und der Dentist bewunderte schon damals die Kunst seines Freundes. „Immer wenn ich ein Bild fertig hatte, war es für mich erledigt und ich kümmerte mich nicht mehr darum“, erzählte Zaimoglu dem Publikum. „Die Bilder wären im Müll gelandet. Das konnte ich nicht mit ansehen“, sagte Jacobs, der sich der Gemälde annahm und sie erst einmal einlagerte.

Rund 200 Bilder umfasst seine Sammlung. Einige davon hängen in seiner Zahnarztpraxis in Flingern und dort fielen sie Hubert Ostendorf auf, der sich vorstellen konnte, sie in der Fiftyfifty-Galerie auszustellen. Ostendorf nahm Kontakt zu Feridun Zaimoglu auf, der die Pläne, Mediziner zu werden, verwarf, um stattdessen erfolgreicher Schriftsteller zu werden. Der Kunst blieb er in all den Jahren aber treu. Inzwischen seien seine Bilder „nicht mehr ganz so wild wie früher“, wie Zaimoglu schmunzelnd betonte. Im März 2005 zeigte er in der Kunsthalle Wien unter dem Titel „Kanak Attack – Die dritte Türkenbelagerung“ eine Fahneninstallation und auch als Kurator tritt Zaimoglu immer wieder in Erscheinung.

Der 59-Jährige war begeistert von der Idee einer Ausstellung und bereit ein aktuelles Werk beizusteuern, das als Druck in der Galerie zu erwerben ist. Der Erlös kommt den Projekten von fiftyfifty zugute. Wenn ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller zu Besuch ist, hofft man darauf, dass er auch einige seiner Texte vorträgt. Den Wunsch erfüllte Zaimoglu mit Auszügen aus seinem Luther-Roman „Evangelio“, über dessen Aufenthalt auf der Wartburg und dem autobiografisch gefärbten Essayband „Ich gehe durch das Deutschland meiner Tage“ von 2018.

Claudia Hötzendorfer, Rheinische Post

Fotos von Rolf Purpar