NRZ | 26. September 2019

Stadt setzt Steine gegen Obdachlose

Anfang des Jahres sollte ein Wohnungslosen-Camp am NRW-Forum geräumt werden. Die geplante Räumung sorgte für Empörung und Entsetzen. Der Obdachlosenhilfe Fiftyfifty schaltete sich ein, gemeinsam mit der Stadt fand man eine Lösung. Die Stadt stellte zwei Häuser zur Verfügung, die vorher als Flüchtlingsunterkünfte gedient hatten.

Anfang September sollten Obdachlose ihr Camp im Ratinger Tor am Hofgarten räumen. Doch die Obdachlosen kamen der Stadt zuvor, gingen selbst. „Wir haben von der geplanten Räumung erfahren und hatten gehofft, dass das quasi ein Versehen und eine Ausnahme war“, so Fiftyfifty-Streetworker Oliver Ongaro. Doch nun das. „Düsseldorf hat als Landeshauptstadt eine Leuchtturmfunktion. Es ist einfach beschämend, wie hier mit den Menschen umgegangen wird“, so Ongaro, der fassungslos ist.

Fiftyfifty-Gründer Hubert Ostendorf kommentierte bereits auf Facebook: „Von Anfang an, seit 24 Jahren, arbeite ich nun bei Fiftyfifty. In all den Jahren wurden und werden Obdachlose mit Bußgeldern überzogen. Nur, weil sie arm sind. Diese Praxis stellt eine institutionelle Form der Diskriminierung dar.“ Man habe immer diskutiert, immer den Dialog mit den Verantwortlichen gesucht. Doch es werde immer schlimmer, so Ostendorf. Er merkt ebenfalls an, dass die Stadt „in 24 Jahren nicht ein einziges Verfahren“ gegen Betroffene gewonnen habe. „Und doch geht diese menschenverachtende Praxis gegen die Ärmsten der Armen immer weiter.

Und Jasper Prigge, Rechtsanwalt und Beiratsmitglied von Fiftyfifty erklärt, dass de Staat „nicht nur eine moralische Pflicht hat, sich um die Menschen zu kümmern, die dazu gerade nicht in der Lage sind. Er ist durch das Sozialstaatsprinzip in Artikel 20 des Grundgesetzes auch rechtlich dazu gehalten, die Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein sicherzustellen.“

Auch unter den Facebook-Posts macht sich Empörung breit. So schreibt einer in Anspielung auf den OB: „Mensch Thomas G. Ich hätte dich für vernünftiger gehalten, menschlicher.“ Ein anderer User fragt sich: „Hat nicht der letzte OB schon gesagt, er möchte das Düsseldorf den Schönen und Reichen gehört.“ Vielen fehlen aber auch einfach „nur die Worte“, andere schlagen vor, als Aktion gemeinsam die Steine wegzutragen.

Und die Reaktion der Stadt auf so viel Gegenwind? „Mir erschließt sich nicht, warum so um den Platz gekämpft wird“, so Miriam Koch, Leiterin des Amtes für Migration und Integration. Über den Sommer seien Ansprachen an die Obdachlosen erfolgt. Dabei habe man auch Alternativen angeboten, so Koch. Eine Möglichkeit sei eine ehemalige Schule an der Aldekerkstraße in Heerdt. „Dieses Angebot ist niederschwellig und die Menschen dürfen dort auch ihre Hunde mitnehmen.“

Die Obdachlosen seien gegangen, aber in die Unterkunft seien sie nicht gekommen, so Koch. Als die Obdachlosen verschwunden waren, seien erst die Steine abgelegt worden, damit nicht andere den Platz nutzen. Die Maßnahme sei auch deswegen durchgeführt worden, weil es Beschwerden gegeben hätte und es eine besondere Brandgefahr unter den Brücken gab, so Koch.

Fiftyfifty-Streetworker Oliver Ongaro hingegen sagt nach Gesprächen mit den betroffenen Obdachlosen, dass diese nichts von der Schule in Heerdt wussten. Auch sei Polizei zu einer Räumung des Camps vor Ort gewesen.