17. März 2019

Runter von der Straße

Der Grund für Laurers Optimismus sind nicht nur die
Erfolge von Housing-First-Projekten in anderen
Ländern, sondern auch Erfahrungen aus Düsseldorf.
Dort vermittelt die gemeinnützige Organisation
fiftyfifty seit 2015 Wohnungen an Obdachlose. Ihr
Ansatz unterscheidet sich vom klassischen Housing-
First-Konzept, weil fiftyfifty als soziale Trägerin auch
Vermieterin ist: Die Organisation hat gespendete
Kunstwerke versteigert und von den Einnahmen
Wohnungen gekauft. Mittlerweile hat fiftyfifty 53
Menschen in 48 Wohnungen vermittelt, alle leben bis heute darin.


Doch die Erfahrungen von fiftyfifty zeigen auch, dass es ein Problem gibt: Nicht
alle Bewohnerinnen wissen, was sie mit ihren Tagen anfangen sollen. Ihnen
fehlt eine Struktur. Manche kommen immer wieder ins Büro der Organisation,
auch wenn sie kein Anliegen haben. Durch Housing First haben Menschen
zwar die Chance, dauerhaft eine Wohnung zu bekommen. Ob sie aber
Anschluss, Freunde oder einen Job finden, ist offen.


Diesem Aspekt schenkt ein Obdachlosenprojekt in Wien viel Aufmerksamkeit,
der Name: VinziRast-mittendrin [https://www.zeit.de/2014/52/wohnprojektoesterreich-
obdachlose-studenten]. In einem Biedermeierhaus im neunten
Stadtbezirk wohnen ehemalige Obdachlose und Studierende zusammen, 27
Bewohnerinnen in zehn WGs. Das teuerste Zimmer kostet 360 Euro warm, die
Nutzung der Gemeinschaftsräume ist inklusive. Bezahlt wird die Miete von der
staatlichen Mindestsicherung, so heißt die Sozialhilfe in Österreich. Die
Auswahl läuft wie beim klassischen WG-Casting: Man unterhält sich eine Weile
und am Ende wird entschieden, ob es passt. Wie bei Housing First müssen die
Bewohnerinnen keine Bedingungen erfüllen.